Neustädter Garten
Lokalisierung:
Der ehemalige
rosenbergische Renaissancegarten befindet sich im nördlichen Teil
des historischen Stadtkerns von Český Krumlov. Der Garten ist auf
dem linken Ufer der Vltava im Stadtviertel Latrán, südlich vom
Komplex der Klostergärten situiert.
Ursprüngliche Benennung:
Der Garten wurde im 16. Jahrhundert als "Garten in der Neustadt"
bezeichnet. Unter der Regierung der Fürsten von Eggenberg wird er
in den Quellen als der "Hofgarten" bezeichnet. Nach der Gründung
des heutigen Schlossgartens
wurde er unter dem Namen "der untere Hof- und Küchengarten"
angeführt. Im zwanzigsten Jahrhundert wurde die irreführende
Benennung "Brauereigarten" eingebürgert. Die letzten publizierten
Facharbeiten benutzen die ursprüngliche Benennung aus dem 16.
Jahrhundert, die wir zweckmäßig mit der Bezeichnung "Neustädter
Garten" abkürzen.
Beschreibung des Objektes:
Der Garten auf dem Grundriss eines unregelmäßigen gebogenen
Rechtecks ist 200 Meter lang und 75 Meter breit. Auf der Nordseite
bildet die Grenze der Gartens seine Umfassungsmauer, die den Garten
gegenüber der Pivovarská-Gasse abgrenzt. Am ehemaligen Haus des
Gärtners springt die Grenze in südlicher Richtung zurück und sie
führt entlang der Hoffassaden der Bürgerhäuser. In westlicher
Richtung ist der Garten mit einer Mauer gegenüber der Gasse Na
fortně abgegrenzt. Den südlichen Rand des Gartens bildet der Bogen
der Stadtmauer bis zur Ecke der Brauereigebäude, die den Garten
auch auf dessen kürzester, östlicher Seite abschließen. Die
ursprüngliche historische Gestaltung des Gartens blieb im
biologischen Material nicht erhalten. Der Neustädter Garten hat in
der Gegenwart überwiegend den Charakter eines extensiv genutzten
hochbejahrten Obstgartens, nur vereinzelt kommen Zier- oder
Forstgewächse vor. Im westlichen Teil des Gartens, den Česká
Kooperativa a.s. besitzt, verläuft seit Frühling 1999 seine
allmähliche Rekonstruktion.
Die (architektonischen) Bauelemente bilden im Falle des Neustädter Gartens den wesentlichsten Teil seines Denkmalwertes. Es gehören zu ihnen:
- das Herrenhaus (der ehemalige Witwensitz Annas von Roggendorf, heute der Westflügel der Brauerei Eggenberg)
- Umfassungsmauern des Gartens
- das ehemalige Gärtnerhaus Nr. 26 (Latrán Nr. 26 Nové Město (Neustadt))
- das ursprüngliche Eingangstor in den Garten von der Pivovarská-Gasse bei der Nr. 26
- die Grotte (Kunsthöhle) aus dem Jahre 1668
- der Torso des ehemaligen Feigenhauses an der nördlichen Umfassungsmauer
- das klassizistische Gartenhaus an der südlichen
Umfassungsmauer
Bauhistorische Entwicklung:
Der Neustädter Garten entsteht nach der Mitte des 16. Jahrhunderts
als ein städtischer Garten überwiegend vom Nutzcharakter. In seiner
Gestalt wurde er noch von der Ästhetik der mittelalterlichen Gärten
beeinflusst. Zwischen den Jahren 1594 bis 1601 wurde er vo Peter
Wok von Rosenberg (gemeinsam mit dem ganzen Baukomplex des
ehemaligen Herrenhauses) in Geiste des Manierismus in einen
bedeutenden städtischen Palastgarten mit einem reichen Bauprogramm
und einer wertvollen Gartengestaltung verwandelt. Trotz mehreren
Wechseln des Besitzers und Schwänkungen in der Instandhaltung
erhielt sich der Garten seinen Charakter und Programm. In den 60er
Jahren des 17. Jahrhunderts belebte der Garten für eine kurze Zeit
und seine Repräsentierungs- und Wohnfunktion wurde verstärkt (Bau
des Ballhauses und der Grotte). Seit den 70er Jahren des 17.
Jahrhunderts lässt sich eine allmähliche Degradation des Gartens zu
einem Nutzgarten, herrschaftlichen "Küchengarten" beobachten,
nichtsdestoweniger noch der Plan aus dem Jahre 1764 belegt die
Erhaltung der manieristischen Komposition des Gartenraumes. Nach
dem Jahre 1726 verliert der Garten als Ganzes einen einheitlichen
Charakter. Der Teil mit ursprünglichen Produktionsgartenbauten und
dem Gärtnerhaus funktioniert bis zum Jahre 1870 immer noch als
Küchengarten. Demgegenüber die meiste Fläche des Gartens, die (zwar
immer noch im herrschaftlichen Besitz) an Schlossbeamte vermietet
wurde, gewinnt den Charakter von Bürgergärten.
Der Denkmalwert des Neustädter Gartens besteht in der Erhaltung der Spuren der einzelnen oben angeführten Entwicklungsphasen, wobei die manieristische Etappe am meisten erhalten ist. Als ein selbstständiges Denkmal ist der ehemalige Herrensitz geschützt. Im Falle des Neustädter Gartens selbst ist ein Verfahren über die Erklärung der Sache für ein Kulturdenkmal eröffnet. Die Denkmalsubstanz des Neustädter Gartens ist gebildet von:
- der vollständigen Erhaltung des Raumumfangs der ursprünglichen manieristischen Disposition der Residenz der Rosenberger, die das Herrenhaus und den Garten einschließt
- den einzelnen historischen Bauobjekten (Herrenhaus, Umfassungsmauer, Eingangstor, Gärtnerhaus, Grotte, Torsos der Orangerie, Gartenhaus)
- den erhaltenen räumlichen und kompositionellen Beziehungen der
einzelnen historischen Bauelementen auf dem Gebiet des Gartens, die
von ungeeigneten neuzeitlichen Bauten relativ ungestört
sind.
Den historischen Wert gestalten außerdem archeologische Schichten, die von der Bautätigkeit im Mittelalter und in der Neuzeit wahrscheinlich nicht zu viel berührt sind. (siehe weiter Archäologische Untersuchungen im Brauereigarten)
Bedeutende architektonische Details:
- das ursprüngliche Eingangstor in den Garten von der Pivovarská-Gasse bei der Nr. 26
- die Grotte (Kunsthöhle) aus dem Jahre 1668
- der Torso des ehemaligen Feigenhauses an der nördlichen Umfassungsmauer
- das klassizistische Gartenhaus an der südlichen
Umfassungsmauer
Geschichte des Gartens:
- 1462 - die Rosenberger kauften einen Hof mit Garten in der
Neustadt
- 1546 - Anna von Roggendorf, Witwe nach dem Herrscher Jost III.
von Rosenberg, entband von der Verwaltung ihres Sohns Wilhelm ein
Haus mit Garten an der Neustädter Stadtmauer
- 1547 - Anna von Roggendorf kaufte ein weiteres Haus mit Garten
in der Neustadt
- 1553 - Ihr Sohn Wilhelm von Rosenberg kaufte für sie ein
weiteres Haus und noch dazu vier Bürgergärten
- 1601 - der Neustädter Garten ging gemeinsam mit der ganzen
Krumauer Herrschaft in den Besitz des Kaisers Rudolf II.
über
- 1622 - die Krumauer Herrschaft ging auf Johann Ulrich von
Eggenberg über
- 1667 - der Garten am Vltava-Ufer hinter der Umfassungsmauer an
A. F. Anniwarter verkauft
- 1719 - die Krumauer Herrschaft erwirbt Adam Franz zu
Schwarzenberg
- 1726 - es wurde mit der Zuteilung der Teile des Gartens an
Schlossbeamte zur Vermietung begonnen
- 1730 - der sog. Anniwarterische Garten (der Garten zwischen dem
Vltava-Ufer und dem eigentlichen Neustädter Garten in der Nähe der
heutigen Brauerei) ging wieder in den Besitz des Großgrundbesitzes
Č. Krumlov über
- 1940 - Zwangsverwaltung des schwarzenbergischen
Besitzes
- 1947 - Laut Gesetz Lex Schwarzenberg vom August 1947 ging der
Besitz des Hluboká-Zweigs der Schwarzenberger in den Besitz des
Landes Böhmen, nach der Aufhebung des Landsystems im Jahre 1949 in
den Besitz des tschechoslowakischen Staates über
- 1991 - Im Rahmen der sog. kleinen Privatisierung erwirbt den
Neustädter Garten die Gesellschaft Eggenberg, spol. s r.
o.
- 1997 - Den westlichen Teil des Gartens kaufte die Gesellschaft Kooperativa a. s.
Gegenwärtige Nutzung:
Der Garten ist zur Zeit der Öffentlichkeit unzugänglich. Der
westliche Teil des Gartens im Besitz der Firma Kooperativa
pojišťovna a.s. wird zur Zeit rekonstruiert und wird zum Ort für
die Veranstaltung von Kulturaktionen. Das Haus Nr. 26 und die
benachbarten Objekte werden für folgende kommerzielle Nutzung
rekonstruiert. Der restliche (und größte) Teil des Gartens ist im
Besitz der Firma Eggenberg a.s.
Die Rolle des Neustädter Gartens in der urbanistischen
Struktur der Stadt:
Die Gründung des herrschaftlichen Gartens in der Neustadt in der 2.
Hälfte des 16. Jahrhunderts und schließlich der Bau des neuen
rosenbergischen Zeughauses (Vorgängers des alten Gebäudes der
heutigen Brauerei Eggenberg) brachten die Liquidation eines großen
Teils der Bebauung der gotischen Neustadt mit sich. Der ausgedehnte
Baukomplex des Herrenhauses, des Herrengartens und des Zeughauses
(der Bau wurde 1594 begonnen) entstand dank dem Beschluss der
herrschenden Rosenberger, die ein neues manieristisches Konzept
dieses Stadtteils auch für den Preis von umfangreichen
Demolierungen vieler Untertanenhäuser durchsetzten. Beim Studium
der urbanistischen Taten in der Spätrenaissance in den böhmischen
Ländern finden wir ein vergleichbares, obwohl viel radikaleres
Beispiel in Prag der Zeit nach der Schlacht am Weißen Berg - die
Gründung der Kleinseitner Residenz Albrechts von Waldstein. Das
historisch entstandene Areal der städtischen Residenz der
Rosenberger mit einem ausgedehnten Garten gestaltet grundsätzlich
gemeinsam mit dem benachbarten Areal der Latráner Klöster den
besonderen Charakter der Krumauer Stadtviertel Latrán und Neustadt.
Das relativ historisch authentisches Verhältnis der bebauten
Flächen und der freien Flächen der Gärten, die praktisch unberührte
Komposition der Massen der historischen Dominanten dieses
städtischen Raums, die von neueren Regulierungen und Assanierungen
unberührte Bebauung des Gebietes - das sind die
Hauptcharakteristiken der urbanistischen Struktur des Gebietes von
Latrán und Neustadt, deren unentbehrlicher Bestandteil der
Neustädter Garten ist. Die Koexistenz der wertvollen historischen
Besiedlung dieses Stadtteils mit dem außerordentlich wirkungsvollen
Landschaftsrelief der Krümmung der Vltava ist der wertvollste
urbanistische Wert des Gebietes, der eine Würdigung in der
Eintragung des historischen Stadtkerns von Český Krumlov in die
Liste der Denkmäler des Weltkultur- und -naturerbes der UNESCO
fand.
Weitere Informationen:
Neustädter Garten unter der Regierung der Rosenberger
Neustädter Garten im 17. Jahrhundert
Neustädter Garten im 18. und 19. Jahrhundert
Neustädter Garten - Bauobjekte und Vegetation