Neustädter Garten

Lokalisierung:
Neustädter Garten in der Ansicht vom Osten aus, 1999, Foto: J.Olšan Der ehemalige rosenbergische Renaissancegarten befindet sich im nördlichen Teil des historischen Stadtkerns von Český Krumlov. Der Garten ist auf dem linken Ufer der Vltava im Stadtviertel Latrán, südlich vom Komplex der Klostergärten situiert.

Ursprüngliche Benennung:
Der Garten wurde im 16. Jahrhundert als "Garten in der Neustadt" bezeichnet. Unter der Regierung der Fürsten von Eggenberg wird er in den Quellen als der "Hofgarten" bezeichnet. Nach der Gründung des heutigen Schlossgartens wurde er unter dem Namen "der untere Hof- und Küchengarten" angeführt. Im zwanzigsten Jahrhundert wurde die irreführende Benennung "Brauereigarten" eingebürgert. Die letzten publizierten Facharbeiten benutzen die ursprüngliche Benennung aus dem 16. Jahrhundert, die wir zweckmäßig mit der Bezeichnung "Neustädter Garten" abkürzen.

Beschreibung des Objektes:
Der Garten auf dem Grundriss eines unregelmäßigen gebogenen Rechtecks ist 200 Meter lang und 75 Meter breit. Auf der Nordseite bildet die Grenze der Gartens seine Umfassungsmauer, die den Garten gegenüber der Pivovarská-Gasse abgrenzt. Am ehemaligen Haus des Gärtners springt die Grenze in südlicher Richtung zurück und sie führt entlang der Hoffassaden der Bürgerhäuser. In westlicher Richtung ist der Garten mit einer Mauer gegenüber der Gasse Na fortně abgegrenzt. Den südlichen Rand des Gartens bildet der Bogen der Stadtmauer bis zur Ecke der Brauereigebäude, die den Garten auch auf dessen kürzester, östlicher Seite abschließen. Die ursprüngliche historische Gestaltung des Gartens blieb im biologischen Material nicht erhalten. Der Neustädter Garten hat in der Gegenwart überwiegend den Charakter eines extensiv genutzten hochbejahrten Obstgartens, nur vereinzelt kommen Zier- oder Forstgewächse vor. Im westlichen Teil des Gartens, den Česká Kooperativa a.s. besitzt, verläuft seit Frühling 1999 seine allmähliche Rekonstruktion.

Die (architektonischen) Bauelemente bilden im Falle des Neustädter Gartens den wesentlichsten Teil seines Denkmalwertes. Es gehören zu ihnen:

  • das Herrenhaus (der ehemalige Witwensitz Annas von Roggendorf, heute der Westflügel der Brauerei Eggenberg)
  • Umfassungsmauern des Gartens
  • das ehemalige Gärtnerhaus Nr. 26 (Latrán Nr. 26 Nové Město (Neustadt))
  • das ursprüngliche Eingangstor in den Garten von der Pivovarská-Gasse bei der Nr. 26
  • die Grotte (Kunsthöhle) aus dem Jahre 1668
  • der Torso des ehemaligen Feigenhauses an der nördlichen Umfassungsmauer
  • das klassizistische Gartenhaus an der südlichen Umfassungsmauer

Bauhistorische Entwicklung:
Der Neustädter Garten entsteht nach der Mitte des 16. Jahrhunderts als ein städtischer Garten überwiegend vom Nutzcharakter. In seiner Gestalt wurde er noch von der Ästhetik der mittelalterlichen Gärten beeinflusst. Zwischen den Jahren 1594 bis 1601 wurde er vo Peter Wok von Rosenberg (gemeinsam mit dem ganzen Baukomplex des ehemaligen Herrenhauses) in Geiste des Manierismus in einen bedeutenden städtischen Palastgarten mit einem reichen Bauprogramm und einer wertvollen Gartengestaltung verwandelt. Trotz mehreren Wechseln des Besitzers und Schwänkungen in der Instandhaltung erhielt sich der Garten seinen Charakter und Programm. In den 60er Jahren des 17. Jahrhunderts belebte der Garten für eine kurze Zeit und seine Repräsentierungs- und Wohnfunktion wurde verstärkt (Bau des Ballhauses und der Grotte). Seit den 70er Jahren des 17. Jahrhunderts lässt sich eine allmähliche Degradation des Gartens zu einem Nutzgarten, herrschaftlichen "Küchengarten" beobachten, nichtsdestoweniger noch der Plan aus dem Jahre 1764 belegt die Erhaltung der manieristischen Komposition des Gartenraumes. Nach dem Jahre 1726 verliert der Garten als Ganzes einen einheitlichen Charakter. Der Teil mit ursprünglichen Produktionsgartenbauten und dem Gärtnerhaus funktioniert bis zum Jahre 1870 immer noch als Küchengarten. Demgegenüber die meiste Fläche des Gartens, die (zwar immer noch im herrschaftlichen Besitz) an Schlossbeamte vermietet wurde, gewinnt den Charakter von Bürgergärten.

Der Denkmalwert des Neustädter Gartens besteht in der Erhaltung der Spuren der einzelnen oben angeführten Entwicklungsphasen, wobei die manieristische Etappe am meisten erhalten ist. Als ein selbstständiges Denkmal ist der ehemalige Herrensitz geschützt. Im Falle des Neustädter Gartens selbst ist ein Verfahren über die Erklärung der Sache für ein Kulturdenkmal eröffnet. Die Denkmalsubstanz des Neustädter Gartens ist gebildet von:

  • der vollständigen Erhaltung des Raumumfangs der ursprünglichen manieristischen Disposition der Residenz der Rosenberger, die das Herrenhaus und den Garten einschließt
  • den einzelnen historischen Bauobjekten (Herrenhaus, Umfassungsmauer, Eingangstor, Gärtnerhaus, Grotte, Torsos der Orangerie, Gartenhaus)
  • den erhaltenen räumlichen und kompositionellen Beziehungen der einzelnen historischen Bauelementen auf dem Gebiet des Gartens, die von ungeeigneten neuzeitlichen Bauten relativ ungestört sind.

Den historischen Wert gestalten außerdem archeologische Schichten, die von der Bautätigkeit im Mittelalter und in der Neuzeit wahrscheinlich nicht zu viel berührt sind. (siehe weiter Archäologische Untersuchungen im Brauereigarten)

Bedeutende architektonische Details:

  • das ursprüngliche Eingangstor in den Garten von der Pivovarská-Gasse bei der Nr. 26
  • die Grotte (Kunsthöhle) aus dem Jahre 1668
  • der Torso des ehemaligen Feigenhauses an der nördlichen Umfassungsmauer
  • das klassizistische Gartenhaus an der südlichen Umfassungsmauer

Geschichte des Gartens:

  • 1462 - die Rosenberger kauften einen Hof mit Garten in der Neustadt
  • 1546 - Anna von Roggendorf, Witwe nach dem Herrscher Jost III. von Rosenberg, entband von der Verwaltung ihres Sohns Wilhelm ein Haus mit Garten an der Neustädter Stadtmauer
  • 1547 - Anna von Roggendorf kaufte ein weiteres Haus mit Garten in der Neustadt
  • 1553 - Ihr Sohn Wilhelm von Rosenberg kaufte für sie ein weiteres Haus und noch dazu vier Bürgergärten
  • 1601 - der Neustädter Garten ging gemeinsam mit der ganzen Krumauer Herrschaft in den Besitz des Kaisers Rudolf II. über
  • 1622 - die Krumauer Herrschaft ging auf Johann Ulrich von Eggenberg über
  • 1667 - der Garten am Vltava-Ufer hinter der Umfassungsmauer an A. F. Anniwarter verkauft
  • 1719 - die Krumauer Herrschaft erwirbt Adam Franz zu Schwarzenberg
  • 1726 - es wurde mit der Zuteilung der Teile des Gartens an Schlossbeamte zur Vermietung begonnen
  • 1730 - der sog. Anniwarterische Garten (der Garten zwischen dem Vltava-Ufer und dem eigentlichen Neustädter Garten in der Nähe der heutigen Brauerei) ging wieder in den Besitz des Großgrundbesitzes Č. Krumlov über
  • 1940 - Zwangsverwaltung des schwarzenbergischen Besitzes
  • 1947 - Laut Gesetz Lex Schwarzenberg vom August 1947 ging der Besitz des Hluboká-Zweigs der Schwarzenberger in den Besitz des Landes Böhmen, nach der Aufhebung des Landsystems im Jahre 1949 in den Besitz des tschechoslowakischen Staates über
  • 1991 - Im Rahmen der sog. kleinen Privatisierung erwirbt den Neustädter Garten die Gesellschaft Eggenberg, spol. s r. o.
  • 1997 - Den westlichen Teil des Gartens kaufte die Gesellschaft Kooperativa a. s.

Luftaufnahme des Neustädter Gartens und der Gärten des Minoritenklosters, 1999, Foto: Lubor Mrázek

Gegenwärtige Nutzung:
Der Garten ist zur Zeit der Öffentlichkeit unzugänglich. Der westliche Teil des Gartens im Besitz der Firma Kooperativa pojišťovna a.s. wird zur Zeit rekonstruiert und wird zum Ort für die Veranstaltung von Kulturaktionen. Das Haus Nr. 26 und die benachbarten Objekte werden für folgende kommerzielle Nutzung rekonstruiert. Der restliche (und größte) Teil des Gartens ist im Besitz der Firma Eggenberg a.s.

Die Rolle des Neustädter Gartens in der urbanistischen Struktur der Stadt:
Die Gründung des herrschaftlichen Gartens in der Neustadt in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts und schließlich der Bau des neuen rosenbergischen Zeughauses (Vorgängers des alten Gebäudes der heutigen Brauerei Eggenberg) brachten die Liquidation eines großen Teils der Bebauung der gotischen Neustadt mit sich. Der ausgedehnte Baukomplex des Herrenhauses, des Herrengartens und des Zeughauses (der Bau wurde 1594 begonnen) entstand dank dem Beschluss der herrschenden Rosenberger, die ein neues manieristisches Konzept dieses Stadtteils auch für den Preis von umfangreichen Demolierungen vieler Untertanenhäuser durchsetzten. Beim Studium der urbanistischen Taten in der Spätrenaissance in den böhmischen Ländern finden wir ein vergleichbares, obwohl viel radikaleres Beispiel in Prag der Zeit nach der Schlacht am Weißen Berg - die Gründung der Kleinseitner Residenz Albrechts von Waldstein. Das historisch entstandene Areal der städtischen Residenz der Rosenberger mit einem ausgedehnten Garten gestaltet grundsätzlich gemeinsam mit dem benachbarten Areal der Latráner Klöster den besonderen Charakter der Krumauer Stadtviertel Latrán und Neustadt. Das relativ historisch authentisches Verhältnis der bebauten Flächen und der freien Flächen der Gärten, die praktisch unberührte Komposition der Massen der historischen Dominanten dieses städtischen Raums, die von neueren Regulierungen und Assanierungen unberührte Bebauung des Gebietes - das sind die Hauptcharakteristiken der urbanistischen Struktur des Gebietes von Latrán und Neustadt, deren unentbehrlicher Bestandteil der Neustädter Garten ist. Die Koexistenz der wertvollen historischen Besiedlung dieses Stadtteils mit dem außerordentlich wirkungsvollen Landschaftsrelief der Krümmung der Vltava ist der wertvollste urbanistische Wert des Gebietes, der eine Würdigung in der Eintragung des historischen Stadtkerns von Český Krumlov in die Liste der Denkmäler des Weltkultur- und -naturerbes der UNESCO fand.

Weitere Informationen:
Neustädter Garten unter der Regierung der Rosenberger
Neustädter Garten im 17. Jahrhundert
Neustädter Garten im 18. und 19. Jahrhundert
Neustädter Garten - Bauobjekte und Vegetation