Kirchliche Objekte in der Stadt Český Krumlov
In Český Krumlov wirkten in der Vergangenheit einige kirchliche Institutionen, die das geistige, gesellschaftliche und künstlerische Leben der ganzen Stadt wesentlich beeinflußten. Das geistliche Zentrum des Stadtkomplexes war seit dem 14. Jahrhundert die Kirche St. Veit in der Stadt Český Krumlov, wo die Pfarrgeistlichen ihren Sitz hatten. Die Kirche stellte nicht nur den Ort dar, wo Gottesdienste und kirchliche Feste stattfanden, sondern sie war auch ein Ort, an dem die Menschen einander trafen und miteinander sprachen.
Einen unentbehrlichen Teil einer mittelalterlichen Stadt bildeten außer der Pfarrkirche auch Klöster der Bettelorden, meistens am Stadtrand an der Stadtmauer untergebracht. Die Mitglieder dieser Orden befaßten sich mit der pastoralen Tätigkeit in den breiten Bevölkerungsschichten. Aus diesem Grund wurden im Jahre 1350 in Český Krumlov von den Rosenbergern das Minoriten- und Klarissinnenkloster gegründet. Beide Orden hatten ihre eigenen Wohngebäude und gemeinsam nutzten sie nur die Klosterkirche, dem Leib Christi geweiht. Das Minoritenkloster in der Stadt Český Krumlov wurde alljährlich zum Schauplatz eines großartigen Festes des Zeigens der sterblichen Überreste in der Stadt Český Krumlov, das die Rosenberger nach dem Vorbild des Kaisers Karl IV. einführten. Die Anwesenheit beider Klöster beeinflußte stark die bildende Kultur der Stadt, da es sich um bedeutende Empfänger von Kunstwerken handelte.
Die charitative Tätigkeit, die sich im Mittelalter völlig in der Kompetenz der Kirche befand, konzentrierte sich auf das Spital St. Elisabeth sowie auf das Spital mit der Kirche St. Jobst in der Stadt Český Krumlov, die im Laufe des 14. Jahrhunderts errichtet wurden. Der im Sinne der christlichen Barmherzigkeit geprägten Wohltätigkeit widmeten sich auch Nonnen, deren Haus sich in der Nähe des Minoritenklosters befand. Die Pfarrkirche, die Klöster und die Spitalkirchen wurden zu einem bedeutenden Bestandteil des urbanistischen Komplexes von Krumlov und beeinflußten stark seine Gestalt.
Während der Zeit der hussitischen Kriege bestanden die hiesigen kirchlichen Institutionen ununterbrochen weiter, da Ulrich II. von Rosenberg (1403-1462) an der Spitze des katholisch orientierten Adels stand. In Český Krumlov kam es daher zu keinen Plünderungen von Kirchen und Klöstern wie in anderen Orten Böhmens. Im Gegenteil hier suchten viele kirchliche Würdenträger, Adelige sowie Künstler ihre Sicherheit. Sie trugen dazu bei, die kulturelle Kommunität von Český Krumlov mit dem vorhussitischen königlichen Prag zu erhalten. Die künstlerische Tätigkeit wurde hier nicht unterbrochen und fand in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts sowie auch am Anfang des 16. Jahrhunderts ihren Höhepunkt, als es unter dem Einfluß der Gotik zu Umbauten des Minoritenklosters, teilweise auch der Kirche St. Veit und zum Bau des Kaplanhauses kam (Horní Nr. 159).
Im 16. Jahrhundert erschien in Český Krumlov der Renaissancezeit eine neue kirchliche Institution, die auf das kirchliche Leben der ganzen Stadt sowie deren Umgebung Einfluß hatte. Es handelte sich um das Jesuitenkolleg, das im Jahre 1586 von Wilhelm von Rosenberg (1535 - 1592) gegründet wurde. Dieses schöne Gebäude wurde in der Nähe der Kirche St. Veit sowie der Pfarre (Horní Nr. 154) untergebracht. So entstand über der Vltava (Moldau) ein interessanter Anblick. Zum Kolleg gehörte auch ein Garten auf dem gegenüberliegenden Ufer der Vltava (Moldau), und in seiner Nähe befand sich die Kapelle St. Martin in der Stadt Český Krumlov, die im Jahre 1585 als Friedhofskapelle gegründet wurde (Geschichte der Friedhöfe in der Stadt Český Krumlov). Obwohl Český Krumlov eine überwiegend katholische Stadt war, lebten hier auch Protestanten, denen die Kirche St. Jobst diente. Nachdem Peter Wok von Rosenberg Krumlov verlassen hatte und nach Třeboň umgezogen war, schenkte der Kaiser Rudolf II. von Habsburg die Kirche den hiesigen Jesuiten, was mit der schrittweisen Festigung der Position der Katholiken zusammenhing.
Im Einklang mit dem geistigen Klima des 17. und der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts brachte das Barock ein erhöhtes Interesse für die Kirche. Im Zusammenhang mit der schrittweisen Rekatholisierung nach der Schlacht am Weißen Berg erreichte die Kirche eine privilegierte Stellung im Lande. Ein Ausdruck des wachsenden Prestiges der kirchlichen Institutionen war auch der Bau von neuen sakralen Objekten oder der Umbau der bestehenden. In Český Krumlov wurden diese Aktivitäten mit Unterstützung der Eggenberger und später der Schwarzenberger verwirklicht, deren Residenz sich in der Stadt befand und die zu den Kirchen und Klöstern auch zahlreiche andere Beziehungen hatten. Die bildende Kultur des Barocks in der Stadt überschritt jedoch im Gegensatz zur Gotik mit ihrer Qualität nicht das durchschnittliche Niveau. Vor der Mitte des 17. Jahrhunderts an begannen die Jesuiten den Bau des Seminars, das zu ihrem Ordenskolleg (Horní Nr. 152) gehörte. Barockumbauten betrafen auch das Minoritenkloster, die Kapelle St. Martin, teilweise auch die Kirche St. Veit sowie auch die Pfarre, die bereits als Prälatur (Horní Nr. 155) bezeichnet wurde, da die Krumauer Dekane den Ehrentitel Prälat erwarben. Dieser Prestigetitel brachte die bedeutende Stellung von Český Krumlov in der kirchlichen Verwaltung zum Ausdruck. Barock stellte aber auch die goldene Zeit der Wallfahrten zu den heiligen Stätten dar, die eine der Ausdrucksformen der überspannten barocken Frömmigkeit waren (Wallfahrten und die Wallfahrtsorte in der Region Český Krumlov). Im Jahre 1710 wurde die schöne Kapelle auf dem Hügel Křížová hora (Kreuzberg) in der Stadt Český Krumlov gegründet, die dem Heiligen Kreuz und der schmerzensreichen Jungfrau Maria geweiht wurde. Die oberhalb der Stadt auf einem hohen Hügel stehende Kapelle ist bis heute ein bedeutender Blickfang.
Einen ernsthaften Eingriff in das Leben der kirchlichen Institutionen in Český Krumlov bedeuteten die Josephinischen Reformen im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts. Im Rahmen dieser Reformen kam es zur Auflösung des Klarissinnenklosters, der Kirche St. Jobst sowie auch der Wallfahrtskapelle auf dem Hügel Křížová hora (Kreuzberg). Die Objekte wurden zur weltlichen Nutzung übergeben, was oft die Vernichtung künstlerischer Werte mit sich brachte. Die fortschreitende Säkularisation entzog langsam der Kirche ihre privilegierte Position in der Gesellschaft. In den Vordergrund rückte der Staat mit seinen utilitären Interessen.
Im Laufe des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es zu keiner bedeutenderen Bauaktivität mehr, die an kirchliche Objekte orientiert wäre. Man begann nur mit dem Bau der Synagoge in der Stadt Český Krumlov, der von der jüdischen Gemeinschaft veranlaßt wurde.
In der heutigen Zeit werden zu kirchlichen Zwecken nur einige der erwähnten Objekte genutzt. Die restlichen haben eine profane Bestimmung. In den vergangenen vierzig Jahren kam es während der kommunistischen Ära zu einer besonders großen Verwüstung einiger kirchlicher Objekte, die erst heute schrittweise rekonstruiert werden.
(zp)