Kloster Vyšší Brod
Lokalisierung:
Das Zisterzienserkloster Vyšší
Brod liegt etwa 30 km südlich von Český Krumlov entfernt, auf
dem rechten Ufer des Flusses
Vltava (Moldau).
Ursprung der Benennung:
Das Kloster übernahm den Namen der Gemeinde, in deren Nähe es
gegründet wurde. Als erster ist der deutsche Name Hohenfurt belegt,
der von der örtlichen Bezeichnung "zu der hohen furt" entstand.
Nach einiger Zeit wurde der deutsche Name ins Latein übersetzt -
"Altum Vodum", der tschechische Name kommt zuerst im Jahre 1394,
seine Gestalt schwankte jedoch einigermaßen (Vyšebrod, Vyšší Brod,
Vyšný Brod, Vyšní Brod - davon auch das falsche "Višňový Brod" -
"Sauerkirschenfurt"), weil die heimische Bevölkerung
deutschsprachig war.
Beschreibung des Objektes:
Es hat sich ein ausgedehntes Klosterareal in einer erhobenen Lage oberhalb des westlichen Ufers der Vltava erhalten. Das ganze Areal war verschanzt und mit walzenförmigen Türmen versehen, wobei von der Mauer ihre Nord- und zum Teil auch Ostseite erhalten geblieben ist. Mitten in der Nordseite steht ein Tor mit einem bossierten Renaissanceportal, im Flur mit gotischen Sedillen. Den Westteil des Areals eines sehr unregelmäßigen Grundrisses nimmt eine Gruppe von Wirtschaftsgebäuden ein, die aus verschiedenen Zeiten, anfangend mit dem Mittelalter, stammen. Am interessantesten davon ist ein gotisches Obergeschoßgebäude der Mühle im Südwestteil des Klosters, das mit ungleichen schmalen rechteckigen verputzten Fenstern (14. Jahrhundert) versehen ist. In der Zentrallage wurde auf dem Grundriß des lateinischen Kreuzes die Klosterkirche erbaut. Alle ihre drei Schiffe sowie das Kreuzschiff (Transept) verfügen über Kreuzgewölbe, das fünfeckige Presbyterium ist in einem Sechsstrahlgewölbe eingewölbt. An den Ostteil des Kreuzschiffes schließen sich Kapellenpaare. Zwischen dem Kreuzschiff und dem Konventgebäude, das der Südseite der Kirche benachbart ist, ist die Obergeschoßsakristei eingegliedert, deren Portal mit einem Relieftympanon verziert ist. Drei Flügel des Konventgebäudes erstrecken sich um den Paradieshof, an dessen Rand sich der Kreuzgang befindet. An das Konvent haben sich ziemlich unorganisch andere Objekte angeschlossen. Das wichtigste davon ist die Prälatur (Abtei) an der Ostseite des Areals. Zwischen ihr und dem Konvent besteht die Bebauung rundum den sog. kleinen Hof, an die sich südwärts das zweiflügelige Konvent anschließt. Vom Norden ist der Prälatur der Gastflügel angeschlossen. Weiter nordwärts, in der Linie der Nordmauer steht das Gerichtsgebäude.
Bauhistorische Entwicklung:
Die Klosterkirche samt angrenzenden Gebäuden wurde stufenweise seit
den 60er Jahren des 13. Jahrhunderts gebaut und wurde in den 80er
Jahren des 14. Jahrhunderts beendet. Für den ältesten Teil wird die
aus dem Jahre 1270 stammende Obergeschoßsakristei gehalten, die
früher als die Abtsakristei diente, anfangs wurde sie als der erste
Klostertempel wohl von allen Mönchen verwendet. In den 60er - 80er
Jahren des 13. Jhds. wurde der Ostteil der Kirche und der
Kreuzschiff mit anliegenden Kapellen gebaut, in denen sich auf eine
schöpferische Weise die nordfranzösische klassische Gotik, der
dynamischere postklassische Stil und die ältere Phase der
böhmischen Architektur durchdringen. Der Tätigkeit der ersten
Bauhütte von Vyšší Brod steht die Kapelle der Schutzengel im
ehemaligen
Kloster Zlatá Koruna des Zisterzienserordens sehr nahe. Ein
spezifischer Stilausdruck ist das Gewölbe des Kapitelsaales (um
1285), das von vier Dreistrahlen gebildet ist, die aus einer
einzigen Säule in der Mitte des Saales herauswachsen.
Die Bauhütte, die den Bau der Kirche beendete, setzte in einem völlig unterschiedlichen Geist fort. Ihr Werk ist die dreischiffige Hallenkirche, die um 1385 beendet wurde, als auch der ganze Kreuzgang schon fertig war. Neben den bereits erwähnten Objekten entstanden im Klosterareal auch andere mittelalterliche Gebäude. 1379 werden die Kapelle der hl. Maria Magdalena vor der Klosterpforte sowie das Spital der hl. Elisabeth außerhalb der Klosterumzäunung erwähnt. Im Westteil des Areals befanden sich wirtschaftliche Gebäude, von denen bis heute die gotische Mühle erhalten ist. Der Süd-, West- und zum Teil der Ostflügel des Konvents sind im Renaissancestil umgebaut, im Obergeschoß im Barockstil. Zwischen dem Konvent und der östlich gelegenen Prälatur wurde 1587 das sog. alte Konvent erbaut, von dem in der südlichen Richtung der Flügel des Seniorats, Noviziats und des Krankenhauses ausläuft. 1671 wurde der erste Kirchturm erbaut. Das Prälaturgebäude verschlang bei dessen Umbau im 18. Jahrhundert zwei kleinere Bauten aus dem späten 14. Jahrhundert. 1757 entstand der mit Fresken geschmückte Bibliotheksaal. Die letzten Wiederherstellungen und Umbauten erfolgten in den Jahren 1830 - 1862, weiter unter dem Abt Leopold Wackarž, der die Kirche grundsätzlich im neugotischen Stil restaurierte und daran einen schlanken Turm anbaute. Ein anderer Baueingriff ist in das Jahr 1904 datiert. Die beträchtlich entlegene Lage beschützte das Kloster vor den Schrecken der Kriege, und daher ist das Klosterareal im Grunde unversehrt.
Bedeutende
architektonische Details:
Einmalig in Europa ist der Raum des quadratischen Kapitelsaales.
Das ringförmige Fenster des Saales deutet an, daß vom Anfang des
Aufbaus beabsichtigt wurde, ein einmaliges Gewölbe vorzunehmen, das
um knapp 100 Jahre früher die Prinzipien des Parlerschen Gewölbes
der Kapelle des hl. Wenzel im St. Veitsdom in Prag zum Ausdruck
brachte. Das Maßwerkmuster des Fensters geht von Rossettenfenstern
der Kathedralgotik aus. Die Gesamtausschmückung des Saales drückt
die mittelalterliche christliche Vorstellung vom Kosmos aus.
Eine Besonderheit im europäischen Maßstab ist das zweieckige Keilabschließen der Außenkapellen, die an die Ostseite des Kreuzschiffes anliegen.
Geschichte der Bewohner des Klosters:
Das Kloster wurde von Wok von Rosenberg 1259 gegründet, der hierher
die Zisterzienser vom österreichischen Wilhering berief. Auf Wunsch
des Gründers wurde Vyšší Brod zu einem Geschlechtskloster, in dem
zehn Generationen dieser Familie beigesetzt wurden. Die Kirche von
Vyšší Brod stellt so das bedeutendste tschechische
Geschlechtsmausoleum mit einer Kontinuität vom 13. bis zum 17.
Jahrhundert dar. Als der erste ruhte im Kapitelsaal der
hingerichtete Záviš
z Falkenštejna, der Anführer der rebellischen Witigonen, unter
dem König Przemysl Ottokar II., und ein Wohltäter des Klosters. Zu
den wichtigsten Mäzenen zählte im 14. Jahrhundert Peter
I. von Rosenberg (starb 1347), welcher der zweite Gründer der
Abtei genannt wird. Er besorgte einen Tafelaltar für die Kirche,
einen bemerkenswerten Zyklus von Gemälden des sog. Meisters
des Altars von Vyšší Brod. Mit der Hilfe des
Geschlechtsgründers bauten die hiesigen Zisterzienser eine
verhältnismäßig große Herrschaft, die während der Hussitenkriege
nicht ernster beschädigt wurde, obwohl die Hussiten das Kloster
1422 eroberten.
Im 16. Jahrhundert verbreitete sich der Protestantismus auch unter den Untertanen auf der Herrschaft des Klosters Vyšší Brod. Gerade dagegen griff der Abt Kroll 1588 ein, wobei er leider die Gewalt nicht vermeiden konnte.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg, in der Mitte des 17. Jahrhunderts, in dem sich das Kloster sehr verschuldete, kümmerten sich die Mönche um ihre inkorporierten (angegliederten) Pfarren, wodurch der Lebensunterhalt einer bestimmten Anzahl von Mönchen gesichert war. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts mußte das Kloster das Besetzen dieser Pfarren verteidigen, weil zu jener Zeit die Zahl der weltlichen Priester hoch anstieg. Auch das Kloster erreichte eine ungewöhnlich hohe Zahl seiner Mitglieder (58 Mönche).
Einer der bedeutendsten Äbte war Quirin Mickl (1747 - 1767), der eine neue Bibliothek baute und sie mit Schränken und einer hohen Zahl von Titeln ausstattete. Heutzutage verfügt die Bibliothek über etwa 70 000 Bände, 1 200 Handschriften und 400 Erstdrucke ( Die Bibliothek des Klosters Vyšší Brod).
Während der Reformen des Kaisers Joseph II. wurde der damalige Abt von seinem Amt abgesetzt, es war verboten, Novizen anzunehmen und das Kloster war so zum Aussterben bestimmt. 1789 wurde der Abt erneut installiert und das Kloster entrann so dem Aufheben, obwohl mit spürbaren Verlusten an seiner Mitgliederzahl und Besitzungen.
Im 19. Jahrhundert erlebte das Kloster ein wissenschaftliches Aufblühen. Maximilian Millann, der auch an der Prager Universität unterrichtete, verfaßte eine Reihe theologischer und historischer Werke, viele andere Gelehrte wuchsen im Kloster unter dem bedeutendsten Abt von Vyšší Brod, Leopold Wackarž (1867 - 1901) auf, einem sehr aktiven Menschen mit einem breiten Horizont, der in den Jahren 1891 - 1900 die Funktion des Generalabts des Ordens ausübte. In diese Funktion wurde dann nur P. Matthäus Quatember in den Jahren 1950 - 1953 gewählt.
Ein bedeutender Abt war Tecelin Jaksch zwischen 1925 - 1954, der günstig die Bodenreform erledigte, bei der das Kloster einen Teil seines Besitzes verlor, eine neue Bautätigkeit im Kloster sowie in Pfarren entwickelte und während der großen Wirtschaftskrise vielen Leuten Arbeit und Lebensunterhalt gab, so daß die örtliche Bevölkerung sich mit dem Kloster verbunden fühlte. Mit Bezug auf den hohen Mitgliederzuwachs, um den er sich selbst kümmerte, überlegte er auch das Wiederbeleben des Klosters in Zlatá Koruna.
Als Folge der Besatzung der Sudeten vom Deutschen Reich wurde der deutsche Teil Südböhmens an den damaligen Gau Oberdonau angeschlossen und 1939 wurde die Verwaltung des Klosters von einem Regierungskommissar übernommen. Das Aufheben der Klöster wich diesmal nicht einmal Vyšší Brod aus, das mit seinen 69 Mitgliedern zu den zahlreichsten im Orden zählte. Die meisten Mönche gingen auf Pfarren. Nach dem Krieg kamen sie zwar zurück, aber sie wurden bald ausgesiedelt, weil die meisten deutscher Nationalität waren. Sie gingen in Zisterzienserklöster im Ausland. Die meisten Ordensbrüder wurden wegen Mangel an Mitgliedern im Kloster Rein aufgenommen, das zu jener Zeit keinen Abt hatte. 1949 wurde zum apostolischen Administrator (Verwalter) in Rein P. Jaksch ernannt, der noch mit ein paar Ordensbrüdern in Vyšší Brod weilte. Nach dem kommunistischen Überfall und dem Aufheben des Klosters 1950 ging er auch nach Rein, wo er 1954 starb. 1959 wurden beide Klöster vereinigt und das Reiner Kloster auf Rein-Hohenfurt umbenannt, das die Verpflichtung einging, im Falle der Möglichkeit das Kloster in Vyšší Brod wieder zu besiedeln. Das hat sich im Jahre 1990 erfüllt, wo hierher das Ordensleben zurückgekommen ist. Die Zeit des totalitären Regimes haben jedoch nur zwei Mönche von Vyšší Brod überlebt.
Legenden und Erzählungen:
Eine alte Sage erzählt, daß Wok von Rosenberg eines Tages nach
Vyšší Brod kam, wo er eine Andacht bei der Kapelle der hl. Anna
halten wollte. Bei dem Überqueren der Vltava war er dem Ertrinken
nahe und für die Rettung seines Lebens versprach er, an jener
Stelle ein Kloster zu bauen. Für diese Geschichte besteht jedoch
kein historischer Beweis.
Gegenwärtige Nutzung:
Im Kloster lebt eine Zisterzienserkommunität, die das Objekt
allmählich rekonstruiert. Im Rahmen der Besichtigung sind die
Kirche, Kapitelsaal, Bibliothek und die Gemäldegalerie zugänglich.
Im Abteigebäude ist das Postmuseum untergebracht.
(jh)
Weitere Informationen:
Musik im Kloster Vyšší Brod
Kirchliche Geschichte in der Region Český Krumlov
Geschichte der Region Vyšší Brod
Der Kapitelsaal des Klosters Vyšší Brod
Die Klosterapotheke in Vyšší Brod
Das Manualbuch von Jan Staicz in der Klosterbibliothek Vyšší
Brod
Die ältesten Handschriften des Klosters Vyšší Brod
Nekropole der Rosenberger im Kloster Vyšší Brod
Erstdrucke in der Klosterbibliothek Vyšší Brod
Gründung des Klosters in Vyšší Brod
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