Geschichte des „Südböhmischen Theaterfestivals" in der Stadt Český Krumlov

Die Stadt Český Krumlov erinnert mit seiner Schönheit an eine malerische Theaterszene. Demjenigen, der die Stadt bei nächtlicher Beleuchtung in sommerlicher Abendruhe gesehen hat, kommt vor, daß alles unwahrscheinlich imaginär ist und nur aus Kulissen und Theaterdekorationen besteht. In jedem Winkel dieser wunderschönen Stadt finden Sie Platz oder Raum, der für Theaterspiele wie geschaffen ist. Český Krumlov ist ein großes Theater.

Dieser Tatsache war sich Karel Konstantin, in den Jahren 1947-1949 Direktor des Südböhmischen Theaters, sehr wohl bewußt. Er kam auf die Idee, das Südböhmische Theaterfestival zu veranstalten. Dieser erste Jahrgang spielte sich nicht ausschließlich in Český Krumlov ab, trotzdem wurden in seinem Rahmen im Krumauer Schloßgarten einige Vorstellungen unter der Regie von Karel Konstantin gespielt, und zwar auf der Bühne von Joan Brehms : vor dem Lustschloß Bellarie drei Vorstellungen des Spieles "Singendes Venedig" von Hoffmaister und vier Vorstellungen des Spieles "Der Dreikönigsabend" von Shakespeare. Die Besucher (etwa 1500 sitzende Zuschauer) dieser Vorstellungen sind mit wirklich märchenhaften Eindrücken nach Hause gegangen.

Der zweite Jahrgang des Südböhmischen Theaterfestivals fand außer in České Budějovice, Písek und Třeboň auch wieder im Krumauer Schloßpark statt. Auch diesmal nutzte man den Raum vor dem Lustschloß Bellarie: zwei Vorstellungen des Spieles "Laterne" von Jirásek und eine Vorstellung "Der Kaufmann aus Venedig" von Shakespeare. Diesmal verwirklichte Konstantin dazu noch fünf wunderschöne Vorstellungen des Spieles "Der Sommernachtstraum" von Shakespeare vor dem Kaskadenbrunnen.

Der dritte Jahrgang des Südböhmischen Theaterfestivals fand erst nach zehn Jahren statt. Daß dieses Südböhmische Theaterfestival fortgesetzt wurde, war zweifellos das Verdienst des damaligen Direktors des Südböhmischen Theaters Otto Haas. Unter seiner Leitung repräsentiert das III. Südböhmische Theaterfestival einen entscheidenden Meilenstein in der Entwicklung der ganzen fünfzigjährigen Geschichte des Wirkens des Südböhmischen Theaters in Český Krumlov. Dieser Jahrgang war nur auf Český Krumlov konzentriert und stellte sich sehr hohe Ansprüche in Richtung Kunst und Organisation. Das Festival fand vom 7. bis 15. Juni 1958 statt. Jeden Tag gab es eine andere Vorstellung, davon zwei Schlüsselvorstellungen, die für die weitere Konzeption des Festivals von wesentlicher Bedeutung waren. Am 9. Juli 1958 fand die experimentale Vorstellung von Weisenborns Spiel "Das verlorene Gesicht", nur für geladene Gäste, vor der ersten, noch primitiven drehbaren Zuschauertribüne statt. Das von Haas erklärte Ziel war es, "die Handlung auf einer breiten Leinwand um den Zuschauerraum herum zu entwickeln. Es eröffnen sich zahlreiche, wunderschöne Möglichkeiten einer bis dahin unbekannten Dimension von einem nahen Detail bis zum Verschieben der Szenen in die Ferne, bei denen der Mensch wieder eins mit der großen Natur wird".

Beim III. Südböhmischen Theaterfestival wurden vor dem Lustschloß Bellarie die Operetten "Madame Favart" (Offenbach), "Feuerwerk" (Burkhardt), die Oper "Jakobiner" von A. Dvořák, Astafjevs Balett "Die Fontäne von Bachcisarajsk" und Schillers Drama "Die Verschwörung des Fiesko zu Genua" aufgeführt. Vor der drehbaren Zuschauertribüne spielte man zweimal "Das verlorene Gesicht". Otto Haas setzte aber fort. Vielleicht zum erstenmal in diesem Jahrhundert fand eine Theatervorstellung im barocken Schloßtheater statt. Es war ein unvergeßliches Erlebnis, das bis heute im Gedächtnis derjenigen, die es gesehen haben, nicht verblaßt ist. Inmitten der alten Kulissen erklangen die Töne Rossinis komischer Oper "Signor Bürste", die am 15. Juni 1958 als Krumauer Premiere aufgeführt wurde (Regie Otto Haas, Dirigent Jan Hus Tichý, Dirigent des Nationaltheaters in Prag).

Im barocken Schloßtheater wurde neben Rossinis Werk "Signor Bürste" auch Mozarts "Figaros Hochzeit" aufgeführt. Im selben Jahr fand auch die Vorstellung des gastierenden Theaters aus Meiningen auf dem II. Schloßhof statt, nämlich "Fidelio" von L. van Beethoven. In der Winterreitschule gastierte das Nationaltheater Prag mit "Maryša" der Gebrüder Mrštík, sowie Puccinis "Boheme".

Foto von der Produktion im Schlosstheater in Český Krumlov um das Jahr 1960 Im Jahre 1960 war es im barocken Schloßtheater Rossinis "Barbierer von Sevilla". Ein Jahr darauf war es dann auf derselben Bühne Molieres "Tartuffe" mit insgesamt 15 Vorstellungen, war ein Rekord war.

Im Jahre 1962 spielte man im barocken Schloßtheater, und zwar Lope de Vega "Die kluge Liebhaberin" (14x), G.F.Händel "EZIO" (2x), vom Theater aus Meiningen interpretiert, Donizetti "Don Pasquale" (5x) und Moliere "Don Juan", vom JAMU-Ensemble gespielt.

Im Jahre 1963 beginnt man, im Maskensaal des Schlosses das Spiel von Merivaux "Das Spiel der Liebe und des Zufalls" aufzuführen. Die Vorstellungen im barocken Schloßtheater wurden im Jahren 1965 mit Merles "Weißer Teufel" (6x) und Verdis "La Traviata" (5x) beendet.

Bei den kommenden Jahrgängen des Südböhmischen Theaterfestivals wurde vor allem die drehbare Zuschauertribüne ausgenutzt, die schrittweise eine ganze Reihe von technischen Änderungen sowie auch Änderungen der äußerlichen Gestaltung durchgemacht hat, und weiters nutzte man auch den Maskensaal des Schlosses. In den Jahren 1959 bis 1979, als die meisten Vorstellungen nur noch vor der drehbaren Zuschauertribüne gespielt wurden, weist die drehbare Zuschauertribüne folgende Zahlen auf: die Zahl der Vorstellungen in diesem Zeitraum beträgt 1 299 und die Zahl der Besucher ist 899 314.

Drehbare Zuschauertribüne in Český Krumlov, die drehbare Tribüne mit den Zuschauern, ein historisches Foto

Wegen des schlechten Zustands der drehbaren Zuschauertribüne orientierte sich das Südböhmische Theater beim Südböhmischen Theaterfestival 1981 auf Opernvorstellungen im Maskensaal des Krumauer Schlosses und teilweise übertrug es seine Bühne auch in das Amphitheater in Trocnov.

Vor der Schließung der drehbaren Zuschauertribüne im Jahre 1988 betrug die durchschnittliche jährliche Zahl der Vorstellungen 74, der durchschnittliche jährliche Besuch betrug 62 000 Zuschauer.

Im Jahre 1989 wurde begonnen, eine neue drehbare Tribüne zu bauen, und die Arbeiten wurden fast gleichzeitig mit der Sanierung des Lustschlosses Bellarie im Jahre 1993 abgeschlossen. Der Betreiber der drehbaren Zuschauertribüne war die Agentur Panta Rhei.

Die erste Vorstellung des Südböhmischen Theaters vor der neuen drehbaren Zuschauertribüne fand am 2.7.1993 statt und es wurde die Oper "Die Sängerinnen vom Land" von Fioravanti aufgeführt.

Seit dem Jahre 1994 ist der Betreiber der drehbaren Zuschauertribüne das Südböhmische Theater, die drehbare Tribüne ist im Besitz des Stadtamtes von České Budějovice. Seit dem Jahre 1998 wird die drehbare Zuschauertribüne als Besitz des Staates anerkannt und man sucht eine optimale Form ihrer Nutzung, die den Anforderungen des unter Denkmalschutz stehenden Schloßgartens entsprechen wird.

(jc)