Frühmittelalterliche (slawische) Besiedlung der Region Český Krumlov
Das Frühmittelalter begann in Böhmen, also auch in der Region Český Krumlov, irgendwann im Laufe der 1. Hälfte des 6. Jahrhunderts nach Christus, als die ersten Slawen nach Böhmen kamen. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass die Slawen die damals wohl fast menschenleere Grenzregion des neu kolonisierten Gebietes erst etwas später besiedelten. Mit der Bevölkerungsdichte sowie dem Charakter der Besiedlung ähnelte die Region Český Krumlov im Frühmittelalter sehr der vorhergehenden Urzeit (Urzeitliche Besiedlung der Region Český Krumlov). Auch archäologische Denkmäler - bewegliche sowie unbewegliche, unterscheiden sich von den urzeitlichen nicht viel. Wir kennen insbesondere Burgstätten, einige Hügelgrabstätten und bisher rar auch Reste von ländlichen Siedlungen. Zwei bedeutende Veränderungen müssen wir jedoch erwähnen. Die Region Český Krumlov erscheint zum ersten Mal in ihrer Geschichte im Licht geschriebener Quellen - Urkunden. Vom Ende dieses Zeitraums, vom Ende des 12. Jahrhunderts, blieben im südlichsten Teil Böhmens auch die ältesten Denkmäler wirklicher gemauerter Architektur erhalten - romanische Kirchlein, die aus mit Mörtel gebundenen Steinen gebaut wurden.
Die älteste heute bekannte frühmittelalterliche Lokalität in der Region Český Krumlov ist direkt das Gebiet der Stadt Český Krumlov. Die Slawen ließen sich hier bereits sehr früh nieder - im 8. Jahrhundert nach Christus. Die hiesige Siedlung gehört zu den ältesten überhaupt, die die Archäologen in Südböhmen bislang fanden. Die Reste einer halbvergrabenen Hütte - Grubenhauses, untersuchte hier in den Jahren 1991 und 1992 Archäologe P. Břicháček. Nicht die ganzen zehn Bruchstücke keramischer Gefäße aus dem 8. - 12. Jahrhundert stammen auch aus einigen weiteren Orten auf dem Gebiet der Stadt Český Krumlov (Urzeitliche und frühmittelalterliche Besiedlung auf dem Gebiet der Stadt Český Krumlov).
Ein typisches frühmittelalterliches Denkmal sind in Südböhmen Hügelgrabstätten. Einige Grabhügel untersuchten die Archäologen bereits in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts auch in der Region Český Krumlov. Insgesamt 4 Grabhügel gruben im Jahr 1926 auf der Strecke Slabošovka nahe Besednice A. Stocký und L. Jansová auf. Einige Funde davon (Kohle und verbrannte Knochen) werden heute im Nationalmuseum in Prag aufbewahrt. Im Bezirksheimatmuseum in Český Krumlov können wir ein keramisches Gefäß von den Grabhügeln sehen, die etwas später von K. Brdlik und L. Franz in der Lage Mravenečník (Ameisberg) bei Boletice untersucht wurden. Weitere frühmittelalterliche Grabhügel untersuchten sie damals auch in der unweiten Lokalität Kraví hora (Kuhberg).
Auf dem Gebiet der Region Český Krumlov gibt es bisher eine einzige
typische frühmittelalterliche Burgstätte, deren Existenz durch eine
archäologische Untersuchung überprüft wurde. Die Slawen bauten sie
irgendwann in der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts im westlichen Teil
des Křemžer
Talkessels, auf einem Felsenvorsprung oberhalb des
Dobročkovský-Baches westlich von Kuklov (Slawische
Burgstätte bei Kuklov). Die Burgstätte mit einem Umfang von
etwa 2 ha hatte eine befestigte Akropolis und zwei Vorburgen, die
von einem Wall umgeben und stellenweise auch durch einen Graben
geschützt wurden. Erst vom Ende des Frühmittelalters (Ende des 12.
und 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts) kennen wir einige weitere
befestigte Lagen - kleine Wachtburgen. Eine von ihnen stand auch
auf dem Hügel Raziberk bei Boletice, im Zentrum des hiesigen
königlichen Sprengels.
In der Region Český Krumlov befindet sich auch eine der zwei ältesten in schriftlichen Quellen erwähnten Lokalitäten in Südböhmen - Zátoň (Ottau). Sie liegt in einer markanten Lage oberhalb der Vltava (Moldau) etwa auf halbem Weg zwischen Český Krumlov und Rožmberk. Den Zátoňer Sprengel schenkte nach jüngeren Urkundenfalsa schon Fürst Břetislav I. (1037-1055) dem Benediktinerkloster in Ostrov. Zátoň ist auch die einzige Lokalität in der Region Český Krumlov, die in den schriftlichen Quellen vor dem Ende des 12. Jahrhunderts erwähnt wird. Auch die Bauanfänge der hiesigen Kapelle St. Johannes des Täufers, die insbesondere durch einige Details ihres spätgotischen Umbaus bekannt ist, legen wir heute frühestens ins 13. Jahrhundert. Die Reste des vorausgesetzten romanischen Sakralbaus aus dem 12. oder sogar 11. Jahrhundert wurden bisher nicht gefunden.
Ein einzigartiges Denkmal frühmittelalterlicher (romanischer) Architektur ist zweifellos die Kirche St. Nikolaus in Boletice, die am Ende des 12. Jahrhunderts im Zentrum des Boleticer Fürsten- und später königlichen Sprengels gebaut wurde. Gemeinsam mit der unweiten kleinen Burg auf dem Hügel Raziberk war sie neben der weltlichen auch Symbol der geistlichen Verwaltung und Macht im Zentrum der hiesigen landesfürstlichen Besitzung. Die Kirche in Boletice ist die älteste noch bestehende Architektur in der Region Český Krumlov. Spätromanische Kirchen standen jedoch vor der Mitte des 13. Jahrhunderts, als in Böhmen allmählich die Gotik begann sich durchzusetzen, auch woanders. Zum Beispiel bereits im Jahr 1220 erwähnen Urkunden die Existenz der Pfarrkirche in Přídolí bei Český Krumlov. Erst kurz vor dem Ende der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts wurde auch der einzige bis heute erhaltene spätromanische Profanbau in der Region Český Krumlov - prismatischer Turm der Burg Rožmberk. Dieser Bau fällt jedoch schon in den nachfolgenden Zeitraum - ins Mittelalter.
Die Besiedlung der Region Český Krumlov war im Frühmittelalter bestimmt viel dichter, als es die erwähnten Denkmäler andeuten. Das beweisen auch die Funde aus den letzten Jahren (Reste frühmittelalterlicher Siedlungen zwischen dem Kloster Zlatá Koruna und dem Marktflecken Kamenný Újezd oder eine reiche Keramikkollektion vom Intravillan der Gemeinde Mirkovice).
(me)
Weitere Informationen:
Archäologische
Untersuchungen in der Region Český Krumlov
Archäologische
Untersuchungen in der Stadt Český Krumlov