Wallfahrten und Wallfahrtsorte in der Region Český Krumlov
In
der Region Český Krumlov befinden sich fast zehn Wallfahrtsorte,
von denen einige noch heute besucht werden, andere sind dagegen in
Vergessenheit geraten. Die Tradition der Wallfahrten in der
Krumauer Region ist alt und ihre Anfänge gehen ins Mittelalter
zurück. Die längste und bedeutendste Tradition hat die Wallfahrtskirche
Kájov, unweit von Český Krumlov, die dem Zisterzienser kloster
Zlatá Koruna gehörte. Der Marienkult von Kájov verschwand auch
während der Hussitenzeit nicht, und zwar wegen der günstigen Lage
auf dem Territorium der katholischen Rosenberger. In der zweiten
Hälfte des 15. Jahrhunderts kam es zu einer großen Blüte dieses
Wallfahrtsortes. Die Kirche wurde großzügig im Stil der Spätgotik
umgebaut und mit einer neu angeschafften Statue der Junfrau Mariä
mit Jesuskind geschmückt, die von den Pilgern als wunderbewirkende
geehrt wurde. Zu der damaligen Zeit verliefen auch in einem Wald
unweit von Kájov Volkswallfahrten zu einem großen Stein mit
angeblichen Abdrücken der Füße und des Gesässes des hl. Wolfgang,
des Regensburger Bischofs aus dem 10. Jahrhundert, der durch dieses
Gebiet gegangen sei. Die Kirche habe jedoch die Wallfahrten als
abergläubisch verurteilt und sie sogar mit der Begründung verboten,
daß die Abdrücke auf dem Stein von Wurzeln einer Kiefer verursacht
worden seien.
Im 16. Jahrhundert kam es in Böhmen zum Verfall der Wallfahrten, im Zusammenhang mit dem Durchdringen der Reformation, welche die Wirkung von wunderbewirkenden Statuen und Bilder ablehnte. Eine gewisse Beliebtheit von Kájov blieb jedoch auch in diesem Zeitraum erhalten, da hier eine vorwiegend katholische Bevölkerung lebte. Die größte Blütezeit der Wallfahrten entwickelte sich aber erst in der Barockzeit. Besondere, von Gott begnadete Stellen erfreuten sich der Aufmerksamkeit der Pilger bereits seit dem Anfang des Christentums, aber im 17. und 18. Jahrhundert wurden die frommen Wallfahrten eine der typischen Äußerungen der barocken Frömmigkeit, dank der sich die einfache Natur in den Augen des barocken Menschen in eine Landschaft voller Wunder, heiliger Orte und heilender Brunnen verwandelte. Auch der Einfluß des Dreißigjährigen Krieges darf nicht vergessen werden, der zur Erschütterung der grundlegenden Lebenssicherheiten führte. Die Quelle des Trostes wurde also in der unruhigen Zeit Gott, an den man sich mit Vertrauen mittels der Jungrau Maria sowie auch anderer Heiligen hat wenden können. Das Veranstalten von Wallfahrten und großartigen kirchlichen Festen stellte eine gewaltlose und sehr anziehende Form der Wirkung auf breite Bevölkerungsschichten bei der Durchsetzung des katholischen Glaubens, als der einzig bewilligten Konfession nach der Schlacht am Weißen Berg (1620) dar.
Die Krumauer Region gehörte traditionell zu katholischen Gebieten, daher verlief hier die Rekatholisierung sehr schnell und ohne Gewalt. Der Ursprung der meisten Wallfahrtsorte in dieser Region ist gerade an die Barockzeit gebunden. Auch hier, wie sonst in ganz Böhmen, nahm die erste Stelle der Marienkult ein. Die Mutter Gottes wurde für ihre Fürsprache und als Wunderbewirkerin geehrt, die ihren Verehrern auch in den schwierigsten Lebenssituationen helfen kann. Das Zentrum des Marienkultes war immer Kájov, wo mit viel Prunk und barocker Protzigkeit Wallfahrtsfeste stattfanden, an denen der Fürst Johann Christian I. von Eggenberg, die Mitglieder seines Hofes, der Abt von Zlatá Koruna, der Krumauer Prälat, Mitglieder der frommen Brüderschaften aus Český Krumlov sowie auch hunderte von Gläubigen teilnahmen. Der Wallfahrtsort wurde mit einer Menge votiver Geschenke überhäuft, welche die dankbaren Pilger der Jungfrau Maria von Kájov als Dank für das Erhören ihrer Bitten widmeten. Unter den Geschenken befanden sich wertvolle Mäntel für die gnadenvolle Statue, Schmuck, gottesdienstliche Geräte und Messgewänder, Lampen, Kerzen, gemalte Tafeln sowie votive Geschenke in Form von silbernen, goldenen oder aus Wachs gefertigten Teilen des menschlichen Körpers, die wundervoll geheilt wurden. Zum Wallfahrtsort führte aus Český Krumlov ein Weg, der mit 15 Granitsäulen mit der Abbildung einzelner Rosenkranzgeheimnisse, auf Blech gemalt, gesäumt war. Die Pilger beteten hier also nach dem Rosenkranz.
Ein zweiter großer Wallfahrtsort wurde die Wallfahrtskirche Svatý Kámen bei Rychnov nad Malší. Aus Initiative
der Krumauer Klarissinnen kam es hier zum Bau der Wallfahrtskirche Maria Schnee, und zwar an der Stelle, wo der Legende zufolge Mutter Gottes mit Jesuskind, von singenden Engeln begleitet, erschien.
In der Krumauer Region gab es jedoch noch eine ganze Reihe weiterer kleineren Wallfahrtsorte mit lokaler Bedeutung. Es handelte sich um Wallfahrtskapellen, die meisten der Mariä Schmerzen geweiht waren, deren Kult sich in diesem Gebiet sehr verbreitete. Eine Kapelle mit diesem Patrozinium (Weihung), von einem Kreuzgang umgeben, wurde im Jahre 1709 auch auf dem Hügel Křížová hora (Kreuzberg) oder dem Kalvarienberg oberhalb von Český Krumlov errichtet (Kapelle auf dem Hügel Křížová hora (Kreuzberg) in der Stadt Český Krumlov). Weitere Kapellen der Jungfrau Mariä Schmerzen entstanden in Studenec bei Rožmberk nad Vltavou, in der Nähe von Horní Planá auf dem Hügel Dobrá Voda und auf dem Hügel Randlesberg unweit von Hořice na Šumavě. Pilger kamen auch in die Kapelle der Geburt der Jungfrau Mariä in Svéráz, die sich auf dem Friedhof neben der Pfarrkirche befindet. Die ursprünglich gotische kapelle wurde am Ende des 17. Jahrhunderts teilweise barock umgebaut. Die Gläubigen besuchten aber nicht nur die Wallfahrtskirchen und -kapellen. Sie kamen auch in einfache Pfarrkichen, wenn man über eine dortige Statue oder über ein Bild erzählte, daß sie Wunder bewirken könne. Wenn sich aber das wundervolle Erhören nicht wiederholt hat, hörten die Wallfahrten auf. Das war auch der Fall der Statue des hl. Andreas in der Pfarrkirche in Brloh.
Einen untrennbaren Bestandteil der Wallfahrtsorte bildeten gewöhnlich auch Brunnen mit Heilwasser und Pilgerwege, von den Stationen des Kreuzweges gesäumt. Die einzelnen Stationen dienten zum Beten und Meditieren,
die den Pilger gut auf
den Besuch einer heiligen Stätte vorbereiten sollten. Die Pilger
besuchten die Wallfahrtsorte allein oder in Prozessionen (Umzügen),
die von der Pfarrgemeinde oder der örtlichen Brüderschaft
veranstaltet wurden. Das Ritual des Besuches eines Wallfahrtsortes
bestand in der Annahme der Heiligtümer (Beichte und heiliges
Abendmahl) und im Gebet vor der gnadenvollen Statue oder vor einem
solchen Bild. Zum Schluß wurden dann Gegenstände zum Andenken, in
Form von heiligen Bildern, Rosenkränzen usw. gekauft, die in den
Wallfahrtsorten verkauft wurden. Eine Wallfahrt bedeutete eine
Veränderung im Stereotyp der alltäglichen Pflichten, eine
Möglichkeit, das geistige Leben zu vertiefen sowie auch neue
Menschen kennenzulernen. Die Ära der barocken Wallfahrten beendeten
erst die aufklärerischen Reformen des Kaisers Josef II. in der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, der die Wallfahrten für nicht
nützlich und von der Arbeit abhaltend hielt.
Die Wallfahrten haben sich schrittweise wiederhergestellt, auch wenn schon ohne den barocken Glanz. Im 19. Jahrhundert entstanden in der Krumauer Region zwei neue Wallfahrtsorte: die Wallfahrtskapelle der Jungfrau Maria bei Malšín, die von den Mitgliedern der hiesigen Pfarrgemeinde im Jahre 1856 im Zusammenhang mit der Erklärung des Dogma über die unbefleckte Empfängnis Mariä erbaut wurde und weiter entstand auch die große Kapelle der Jungfrau Maria Schnee bei Vyšší Brod, genannt Maria Rast. Eine Gruppe von Jungen erbaute im Jahre 1887 aus Steinen eine Kapelle an der Stelle, wo angeblich um das Jahr 1500 auf einem großen Stein die Jungfrau Maria mit dem Jesuskind erschien.
Sie wurde jedoch von einem unsittlichen Lied der unweit das Vieh weidenden Jungen vertrieben. Der Bau der steinernen Kapelle sollte daher dieses Ereignis wiedergutmachen. Später ließ hier der Abt von Vyšší Brod eine pseudoromanische Kapelle erbauen, die bis heute häufig von Pilgern besucht wird.
Die Abschiebung der deutschsprachigen Bevölkerung aus dieser Region nach dem Zweiten Weltkrieg war eine Katastrophe, sowie der darauffolgende Kommunismus mit seiner negativen Einstellung der Religion gegenüber. Viele dieser sakralen Bauten wurden nicht erhalten und sind vergammelt, einige wurden absichtlich ruiniert, wie zum Beispiel Svatý Kámen, andere wurden direkt vernichtet, wie die Kapelle der Jungfrau Mariä Schmerzen bei Hořice na Šumavě. Erst im Zeitraum nach dem Jahre 1989 begann man mit der notwendigen Sanierung der meisten Wallfahrtsorte, oft mit Unterstützung der ehemaligen Bewohner aus Österreich und Deutschland.
Zur Zeit sind lebendige
und häufig besuchte Wallfahrtsorte Kájov, Svatý Kámen und Maria
Rast, wo regelmäßige Wallfahrten unter Beteiligung tschechischer,
österreichischer und deutscher Pilger stattfinden. Die
Hauptwallfahrt verläuft in Kájov gewöhnlich am zweiten
Oktobersonntag, eine kleine Wallfahrt findet am Sonntag nach dem
Fest der Mariä Himmelfahrt (am 15. August) statt. In Svatý Kámen
findet die Hauptwallfahrt am Sonntag nach dem Fest Maria Schnee (am
5. August) statt, weitere Wallfahrten verlaufen dann am Tag Mariä
Himmelfahrt (am 15. August) und der Geburt von Jungfrau Maria (am
8. September). Messen werden hier von Mai bis Oktober gelesen. In
der Kapelle Maria Rast findet die Hauptwallfahrt am Sonntag nach
dem Fest des Besuches der Jungfrau Maria statt (am 2. Juli),
weitere Wallfahrten verlaufen dann nach dem Fest der Mariä
Himmelfahrt (am 15. August) und der Geburt von Jungfrau Maria (am
8. September).
(zp)
Weitere Informationen :
Pfarrkirche
St. Michael in Horní Dvořiště
Kirche
des Herzens Jesu in Malšín
Kreuzweg
in Frymburk
Die
Kapelle und der Kreuzweg in Studenec
Der
Kreuzweg in Vyšší Brod
Lipnoer
Einsiedler Godoš
Pauliner
und Wallfahrten in Přední Výtoň
Einsiedler
Eremiten Přední Výtoň
Feste
Český Heršlák