Leopold Wackarž
(1810 - 1901) | Abt von Vyšší Brod |
Seine geistliche Karriere
startete Leopold Wackarž als er dem Zisterzienserorden im Kloster
in Vyšší Brod im Jahre 1833 beigetreten ist. Zum Priester wurde
er im Jahre 1836 ausgeweiht und als er ein Jahr später sein
Theologiestudium beendet hatte, übte er im Kloster bis zum Jahre
1844 das Amt des Kantors und des Chordirektors aus und
unterrichtete zwei Jahre lang am Haustheologieinstitut das Alte
Testament. Beträchtlich machte er sich um das Kloster durch seinen
Überblick und seine geschäftlichen Kenntnisse in der Funktion eines
Sekretärs beim Einlösen der Bauernhöfe verdient, als im Jahre 1848
das Erbrecht abgeschafft wurde. Kein Wunder, daß man im Jahre 1857
bei der Abtwahl ausgerechnet ihn gewählt hat. Der Bischof von České
Budějovice ernannte ihn zugleich zum Konsistoriumsrat. Der neue Abt
tritt in seine Tätigkeit mit der Restaurierung der Klosterkirche,
deren Interieur mit dem neugotischen Mobiliar und der neuen Orgel
ausgestattet und deren Exterieur mit dem Bau eines Turmes verändert
wurde. Andere Veränderungen wurden im Konvent durchgeführt. Die
Umbauarbeiten betrafen auch die Klostergebäude, z. B. die
Bierbrauerei wurde erweitert, es wurden die Werkstätten und die
Wohnungen für die Handwerker gebaut, das Laboratorium in der
Klosterapotheke wurde neu ausgestattet. Einen großen Fortschritt
bedeutete die Errichtung der Wasserleitung im Kloster im Jahre
1887. Das Baugetriebe wurde auch auf die Klostergüter, Jägerhäuser,
Pfarrhöfe und Kirchen übetragen. Im Jahre 1888 hat der Abt eine
Kapelle ``Maria Rast am Stein`` ausgeweiht, die seitdem von großen
Prozessionen besucht wurde. Diese aufwendigen Bautätigkeiten hat
das Kloster nur deswegen finanzieren können, daß der Abt in allen
Wirtschaftszweigen die neuesten Methoden eingeführt, die Qualität
der Erde verbessert, die Grundböden aufgerundet und die Baumschulen
usw. errichtet hatte. Leopold Wackarž legte selbstverständlich
einen großen Wert auf die Kultivierung des geistlichen Lebens im
Kloster. Streng überwachte er die Einhaltung der gemeinsamen
Chorgebete, wobei er als das beste Vorbild diente. Sehr freigiebig
unterstützte er alle wissenschaftlichen Bemühungen der Mitglieder
des Klosters und erweiterte die Bilder- und Naturproduktesammlung.
In der langen Zeit seiner Herrschaft sind ungefähr 20 Mönche von
Vyšší Brod literarisch und vor allem im Bereich der Geschichte (z.
B. dr. P. Valentin Schmidt, P. Raphael Pavel, dr. P. Wilibald
Ladenbauer) und Religion tätig gewesen, drei Mönche befassten sich
mit der Mathematik, ein sehr anerkanntes Werk publizierte Emil
Putschögl. Mehr als eine Hälfte von ihnen unterrichtete am
Gymnasium von České Budějovice, auf dessen hohes Niveau der
damalige Bischof Jan Valerian Jirsík achtete. Seine Tätigkeit
konzentrierte er aber nicht nur auf das Kloster. Bis zu seinem Tod
war er der Vorsitzender des neuen Instituts der Bezirksvertretung,
womit er im Jahre 1865 beauftragt wurde, und war der Vorsitzender
des Verbandes der Land- und Forstwirtschaft in Vyšší Brod, den er
selbst gründete. Durch seinen Verdienst wurde Vyšší Brod im Jahre
1870 zur Stadt befördert. Er verschaffte Hilfe den sozial
schwächeren Bürgern, die hauptsächlich von der tschechischen
Minderheit stammten. Als ein Mitglied des Bezirksschulrats der
Stadt Kaplice und der hiesige Schulinspektor für Vyšší Brod und
Studánky unterstützte er den Aufbau einiger Schulen in der
Umgebung. Eine bedeutende Stellung hatte er im Rahmen des ganzen
Zisterzienserordens. Im Jahre 1859 befand er sich unter den
Assistenten des Generalvikars der gerade festgesetzten
österreichisch-ungarischen Ordensprovinz und seit dem Jahre 1875
war er wiederholt zu ihrem Generalvikar gewählt worden. Mit seinen
82 Jahren wurde er im Jahre 1891 zum höchsten Vorsteher des ganzen
Zisterzienserordens - zum Generalabt gewählt. Im gleichen Jahr
feierte der Orden das 800. Jubiläum der Geburt des heiligen Bernard
von Clairvaux, zur dessen Feier und zu ihrem ehrwürdigen und
vornehmen Verlauf im großen Maße auch der Generalabt beitrug. Ein
bedeutender Beitrag, der die Feier noch vornehmer machte war die
Publikation des Xenius Bernardinus, die die Welt der Gebildeten
sehr gut angenommen hat. Während der Funktionsperiode kam es zum
vollkommenen Selbständigwerden der strengen Trappisten vom
Zisterzienserorden. Im Jahre 1897 wurde dem Kloster in Vyšší Brod
die Ehre erwiesen, daß hier das Provinzdomkapitel der
österreichisch-ungarischen Ordensprovinz stattgefunden hatte, an
das später das Generaldomkapitel mit Leopold Wackarž im Vorstand
angeschlossen hat. Auf das Amt des Generalabtes resignierte er im
Jahre 1900 und ein Jahr danach starb er in einem Alter von 92
Jahren. Nach den erhaltenen Angaben erreichte er das höchste Alter
von allen Mönchen von Vyšší Brod und übte sein Amt des Abtes für
die längste Zeit (44 Jahre) von allen hiesigen Abten aus.
(jh)