Nekropole der Rosenberger im Kloster Vyšší Brod
Ich kann nicht anders anfangen, als mit einer Zitation vom Beginn des 20. Jahrhunderts: "Wir erholen uns gern mit einem Blick auf das schöne Bild Hellichs, modernen Ursprungs, das gewisser Ersatz für die ehemalige Wandmalerei in der Kirche ist, von der der Zahn der Zeit nur kaum erkennbare Umrisse zurückließ. Wer weiß, wie lange wir vor dieser legendären Szene stehen würden, wenn uns der freundliche Führer nicht auf die unterirdische Gruft aufmerksam machen würde, die sich nach einer überlieferten Vermutung unter dem Presbyterium befinden soll. Unter dem Siegel der Verschwiegenheit ist dieser unterirdische Ort des Todes, den fast vier Jahrhunderte lang kein Mensch betrat. Der Führer erzählt uns gerne Sagen, die diese unterirdischen Zellen spinnen, wo die Mäzene aus dem Geschlecht der Rosenberger ihren ewigen Traum träumen, anfangend mit Wok, dem Gründer des Klosters, bis zu Peter Wok. Als der letzte männliche Nachkomme des Hauses Rosenberg, der bereits erwähnte Peter Wok, für den der einzige Platz hier vorbehalten wurde, zum ewigen Schlaf in der Marienkirche beigesetzt wurde, wurden die Schranken durchgefeilt, damit keiner mehr in die Gruft beigesetzt werden konnte. Das Wappensiegel wurde kassiert, und so ging das berühmte Geschlecht der Rosenberger, das mehr als 400 Jahre dauerte, unter. Zwei Mönche, die den Begräbniszeremonien beiwohnten, und darin eingeweiht wurden, sollten wie durch die Lenkung der Vorsehung mit einem plötzlichen Tod sterben und nahmen das Geheimnis mit ins Grab. Seit dieser Zeit störte kein Sterblicher diesen abgestorbenen Zweig der Herren von der Rose mit dem Betreten dieser geheimnisvollen, feuchten Gruft. Mit den Leichen der Herren von der Rose ist noch eine andere Sage verbunden, auch von solcher düsteren Art, wie die vorhergehende. Der Chronist Bohuslav Balbín erzählt eine Sage, die er einst von einem Ordensbruder des Klosters Vyšší Brod gehört haben soll, dass die Leichen der hier bestatteten Herren von der Rose nicht nach dem Brauch in Särgen untergebracht sind, sondern dass sie in einem Kreis in Sesseln als Herrscher auch nach dem Tode sitzen sollen..."
Es gibt viel Literatur, die sich mit dem Problem der Lokalisierung, Größe und des Inhalts der Gruft der Herren von der Rose im Zisterzienserkloster Vyšší Brod beschäftigt. Ihr wichtigster Mangel ist eine unkritische Annahme unbegläubigter Fakten mit einem romantischen Anhauch. Balbíns mysteriöse Information über die Begräbnisse der Rosenberger in Sesseln blieb fast bis heute erhalten. Für eine gelungene Zusammenfassung aller Quellen ist die Arbeit von M. Hlinomaz und J. Kolda zu halten, als sie die Fragen M. Millauers beantworten, die er bereits im Jahr 1819 stellte: wo sich die Gruft befindet und welche Angehörigen des rosenbergischen Geschlechtes in dieser Gruft bestattet wurden. Zur Beantwortung dieser Fragen trugen wesentlich die Handschriften des Klosterarchivars und Bibliothekars S. Kühweg bei, der eine Aufzählung von Begräbnissen in der Klosterkirche und an anderen Stellen im Kloster lieferte.
Die Lokalisierung der Gruft unter dem Presbyterium der Klosterkirche ergibt sich erst aus der Zitation des dritten Begräbnisses. Bei den ersten zwei Beerdigungen von Wok I. aus dem Jahr 1262 und Witiko IV., der am 22. September starb (das Todesjahr ist nicht bekannt), wird der Begräbnisort nicht angeführt. Ich vermute, dass die rosenbergische Gruft in dieser Zeit noch nicht fertig war. Als die Dritte wird im rosenbergischen Nekrolog des Klosters Eliška (Elisabeth) von Rosenberg, geborene von Dobruška, Gemahlin Heinrichs I. angeführt, die am 22. Januar 1307 starb und in der fertiggestellten Geschlechtsgruft bestattet wurde. Im Mittelalter war es eine Tradition, dass die Adelsgeschlechter Grüfte in den Kirchen der Klöster errichten lassen, die sie gegründet hatten. Der Gründer des Klosters rechnete damit, dass er durch die Gründung eines Klosters die Erlösung seiner Seele sichert. Die Geschlechtsgrabstätten sollten zugleich ein ständiges Denkmal des Ruhms des Geschlechtes und Symbol dessen Kontinuität und Altertümlichkeit sein. Die Rosenberger waren in der Zeit der Gründung des Zisterzienserklosters in Vyšší Brod das bedeutendste böhmische Adelsgeschlecht und von Anfang an wurde mit dem Kloster als mit einer Geschlechtsnekropole gerechnet. Mit dem Begräbnis Woks I. von Rosenberg bereits im Jahr 1262 (er starb am 3. Juni 1262) begann die Reihe der zehn Generationen der Begräbnisse der Angehörigen dieses mächtigen Geschlechtes in der Klosterkirche. Insgesamt wurden hier in den Jahren 1262 bis 1612 siebenunddreißig Angehörige des rosenbergischen Geschlechtes und weitere drei Angehörige des Krumauer Zweiges bestattet. Davon waren 23 Männer und 17 Frauen. Die Platzierung der Gruft entspricht der mittelalterlichen Vorstellung von der Auferstehung und hängt mit dem Wunsch zusammen, möglichst nah dem Brennpunkt der Erlösung, also dem Hauptaltar, bestattet zu werden.
Nach der Beerdigung des letzten Mitglieds des rosenbergischen Geschlechtes - Peter Wok - wurde die Gruft unzugänglich gemacht. Aus Březans Chronik ergibt sich, dass in der Gruft gerade nur für Peter Wok Platz war. Die Zeitschrift Zápisník (26/1968) entwickelt ausführlich die Erfindung, dass sich Peter Wok in seinem Testament ausbedang, dass nach seinem Tod niemand mehr die Gruft betreten darf. Vorher sollte er aus der Gruft Kostbarkeiten seiner Vorfahren ausheben und dieser Verbot sollte die Entdeckung seiner Tat verhindern. Beim Studium Woks Testaments gelang es jedoch keine Spur nach einem solchen Verbor zu entdecken. Die Gruft sollte niemand mehr betreten und für das Kloster war es selbstverständlich die Ruhe seiner ehemaligen Schutzobrigkeit zu überwachen. Die umfangreiche Bautätigkeit, die mit dem neuen Pflastern des Kapitelsaals und eines großen Teils des Kirchenschiffs um das Jahr 1880 herum verbunden war, veranlasste die Entdeckung des Eingangs in die Gruft nicht. Es sollte zwar danach gesucht werden, aber wohl nicht zu effektiv. Auf dem Plan der Begräbnisse in der Klosterkirche aus dem Jahr 1784 ist die Tatsache auffällig, dass das ganze Presbyterium und die linke Hälfte des Raumes vor dem Kreuzgitter leer sind, ohne eine Markierung von Begräbnissen, was die Voraussetzung zulässt, dass dieser Raum als Grabstätte des Gründergeschlechtes der Rosenberger vorbehalten war.
Im Jahr 1902 kam es zur Senkung der Stufen des Hauptaltars und am 3. 12. 1902 wurde eine Sonde durchgeführt. Nach etwa einem Meter wurde an ein Gewölbe und unter dem Gewölbe an eine Gruft mit einem Ausmaß von 5 x 3 Metern und einer Höhe um 1,5 m herum angestoßen. Im Inneren wurden zwei Zinnsärge entdeckt, von denen einer nach der Aufschrift Peter Wok gehörte. Der übrige Raum wurde mit durcheinander liegenden Resten von morschen Holzsärgen gefüllt. Die Öffnung für die Einschiebung dieser Särge war mit einem großen Stein zugedeckt. Nachdem die Ursache der Senkung des Presbyteriums festgestellt wurde, wurde die Gruft schnell wieder geschlossen. Die Feststellung der tatsächlichen Ausmaße der Gruft war eine Überraschung und Enttäuschung für die Entdecker selbst, was sich auch aus der Stilisierung des offiziellen Berichtes in der Ordenspresse ergibt. Mit der Entdeckung im Jahr 1902 wurde jedoch das Interesse für die Gruft nicht zufrieden gestellt und es lassen sich weitere Versuche der Druchdringung in die rosenbergische Gruft im Kloster verzeichnen.
Der Třeboňer Archivar Václav Hadač beschreibt, wie er in Begleitung des Abtes Bruno Pammer und der Handwerker vor dem Ersten Weltkrieg vom Presbyterium in den Vorsaal der Gruft hinunter stieg. Nach dem Jahr 1945 verlautete es, dass der Eingang in die Gruft unter dem Abtsessel im Presbyterium auf der Evangelienseite situiert ist. Millauer führt an, dass Abt Teuschman und alte Ordensbrüder behaupten, dass der Eingang in die Gruft gerade dort ist, wo Novizen vor der Messe niederknien, also links vom Eingang ins Presbyterium. Über die Platzierung der Gruft sprechen auch Klosternekrologien, die anführen, dass Begräbnisse im Presbyterium durchgeführt wurden. Zu Erfindungen zählt auch die Nachricht, dass die Nazis einen Teil ihres Schatzes in die Gruft versteckten. Nach den Erinnerungen des Dozenten A. Friedl wurde in den Jahren 1962 und 1963 über die Möglichkeit der Öffnung der Gruft gesprochen. Nach den erhaltenen schriftlichen Quellen war die einzige Durchdringung in die Gruft am 3. 12. 1902 real.
(fs)
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