Historische Pfade in der Region Český Krumlov
Durch das Territorium von Südböhmen führten seit der Urzeit Wege, die den Fernverkehr und -handel zwischen Böhmen und den Alpenländern vermittelten. Ihr Ziel war vor allem Prag (Praha), als natürliches Zentrum des böhmischen Staates, sowie auch Ausgangspunkt für weitere Wege in die deutschen Länder, nach Polen, Rußland und an die Ostsee. Den Weg über den ausgedehnten, dichten, rar besiedelten und schwer durchdringlichen Grenzwald von Südböhmen stellten noch im Mittelalter nur schmale, schwer begehbare Pfade dar. Ihre Richtung wurde von der Durchdringlichkeit des gebirgigen Massivs des Böhmerwaldes (Šumava) sowie auch von dem Flußbett der Vltava (Moldau) bestimmt, die ihrerseits das Gebiet in zwei sprachlich unterschiedliche Gebiete trennte. Zu Beginn konnten auf dem Weg höchstens zwei Tragtiere mit Waren nebeneinander gehen, aber mit der Zeit wurde der Weg planmäßig fester und breiter gemacht.
Die Landeswege waren für die Kolonisierung der Grenzgebiete von großer Bedeutung. Seit dem 13. Jahrhundert entstanden an ihnen königliche, aber auch Untertanenstädte, welche die Einnahmen aus der Maut kassierten und auch anders aus den guten Handelsverbindungen Nutzen zogen. Die Instandhaltung der Straßen sowie ihre Verwaltung gehörten zu den "Landespflichten" der Obrigkeit und auch der Untertanen, die das dafür notwendige Geld durch das Erheben der Maut bekommen konnten. Auch in die königliche Kasse flossen finanzielle Mittel aus den ausländischen Waren in Form von Zoll und "Ungelt" (d. h. Pflichtgebühr). Die Einnehmer erhoben sie auf sog. "Gastwegen", also auf bewilligten Wegen, da es nicht erlaubt war, denen auszuweichen. Wenn jemand die Zollstation umging und gefaßt wurde, wurden ihm sowohl das Fuhrwerk, als auch die Waren beschlagnahmt. Eine Hälfte des beschlagnahmten Besitzes fiel dem König zu, die andere der Stadt, die der Schuldige der Gebühr berauben wollte. Trotz diesen hohen Sanktionen verbreitete sich immer mehr die Nutzung der "Seitenwege", die vom Herrscher verboten wurde. Durch ihre Nutzung wurde der einst undurchlässige Grenzwald offener, was der Sicherheit des Landes schadete.
Auf den Wegen wurden nach Böhmen vor allem Salz, Leinen, hochqualitative Tuchwaren, Seide, Waffen, Wein, Seefische, Südfrüchte, Gewürze aus Übersee sowie auch weitere Warensorten eingeführt. Ausgeführt wurden Getreide, Butter, Käse, Vieh, Süßwasserfische, Malz, Bier, Wachs, Honig, landwirtschaftliche Produkte und auch Erzeugnisse der Handwerker.
Zu den ältesten und am meisten genutzten Pfaden gehörte der sogenannte "Goldene Steig". Er führte aus der bayrischen Stadt Passau über Freyung, Bischofsreuth, České Žleby, Volary, die Burg Hus und über Libínské Sedlo weiter nach Prachatice. Von dort setzte er nach Netolice, Vodňany und Písek nach Prag sich fort. Der Steig wurde wahrscheinlich schon im 11. Jahrhundert genutzt. Im 14. Jahrhundert bekam er noch eine andere Strecke, nämlich aus Passau über Freyung, Kvilda, Horská Kvilda nach Kašperské Hory. Eine weitere Abzweigung führte über das bayrische Grafenau nach Březník, Horská Kvilda und Modrava, weiter nach Sušice, Klatovy und Plzeň. An den Grenzen entstanden mit der Zeit Zollstationen, aus denen sich langsam Marktgemeinden und Städte bildeten. Auf diese Art und Weise entstand die Stadt Prachatice, die durch ihr Stapel- und Verkaufsrecht für das bayrische Salz schnell reich wurde. In Hinsicht auf die Erträge aus dem Handel mit Salz sowie auch mit weiteren Waren bekam dieser Steig die Bezeichnung "Goldener Steig". Im 16. Jahrhundert brachten über diesen Weg in die Böhmischen Länder wöchentlich 1200 - 1300 Tragetiere das Salz. Nach dem Jahre 1706, als das kaiserliche Salz aus dem österreichischen Gmunden das bayrische Salz verdrängte und das Lager von Prachatice nach Český Krumlov verlegt wurde, verlor der Goldene Steig fast seine Bedeutung.
Als Verbindung zwischen Böhmen und den österreichischen Ländern wurde schon seit der Urzeit der Linzer Weg genutzt, der vor allem dem Transport von Salz und Vieh diente. Das erste Mal belegten schriftliche Quellen die Existenz dieses wichtigen Landesweges im Jahre 906. Der Weg führte aus Linz über Leonfelden und Studánky nach Vyšší Brod, bei Rožmberk über die Furt an das rechte Ufer des Flusses Vltava und weiter nach Český Krumlov, Boletice, Chvalšiny, Smědeč und Lhenice zum Goldenen Steig bei Netolice und weiter dann über Protivín und Písek nach Prag. In Leonfelden entstand später eine Abzweigung nach Frymburk, wo früher eine Holzbrücke über die Vltava stand. Aus der späteren Zeit ist auch ein weiterer Zweig des Linzer Weges bekannt, nämlich der sogenannte Kaplicer Weg, der aus Linz nach Freistadt (Cáhlov) und von dort über Dolní Dvořiště, Kaplice, Velešín und Doudleby nach České Budějovice und weiter über Soběslav und Tábor nach Prag führte. Der Linzer Weg war für den Ferntransport der Ware, aber auch für die lokale Verbindung der Städte
Český Krumlov, Rožmberk und Vyšší Brod von großer Bedeutung. Er diente den Bedürfnissen der Obrigkeitsverwaltung und auch den Bedürfnissen der inländischen Handelsverbindung zwischen den Städten und den Dörfern. Berichte aus dem 15. Jahrhundert informierten darüber, daß über diesen Weg nach Böhmen Salz, Waren aus Venedig und Eisen aus der Steiermark gelangten.
Von der österreichischen Burg Raabs führte aus Mähren nach Böhmen über Slavonice durch das Landestor zwischen Landštejn und Pomezí der sogenannte Österreichische oder Gmundner Weg. Er führte weiter über Staré Město pod Landštejnem, Nová Bystřice und Stráž nad Nežárkou zum Linzer Weg. Später wendete er sich in Richtung Jindřichův Hradec.
Der Weitraer (Česká - Böhmischer) Weg war wahrscheinlich urzeitlichen Ursprungs. Er fing bei dem österreichischen Kloster Zwettl (Světlá) an und führte über Weitra (Vitoraz) zum Landestor beim späteren Nové Hrady, weiter über Žár, Trhové Sviny und Doudleby nach České Budějovice, wo er sich dem Linzer Weg anschloß. Aus diesem Weg entwickelte sich später eine Abzweigung von Nové Hrady über Stropnice, Malonty, Lichtenau nach Freistadt (Cáhlov).
Das Gebiet von Südböhmen war mit einem Netz weiterer Wege durchwoben. Den Březnicer Steig gab es bereits seit dem 11. Jahrhundert und er verband Zwiesel in Bayern, Březnice und Hartmanice. Ein weiterer Steig führte wahrscheinlich seit dem Ende des 13. Jahrhunderts aus Haslach in Österreich nach Svatý Tomáš, Frymburk und Český Krumlov. Vielleicht schon im 13. Jahrhundert wurde der Steig aus der Stadt Schlägl in Österreich über Kyselov und Dolní Vltavice nach Hořice na Šumavě und nach Český Krumlov genutzt.
Für den Salzhandel wurde auch der sogenannte Oberplaner Steig (Hornoplánská stezka) bestimmt, der aus dem bayrischen Waldkirchen über Plechý (Plöckenstein) nach Horní Planá (Oberplan) führte. Seit dem Ende des 14. Jahrhunderts wurde das Salz auch auf dem Vimperker Steig transportiert, der aus Röhrbach in Bayern über Lipka und Horní Vltavice nach Vimperk führte.
Der Zustand der Wege war derart katastrophal, daß der Landtag regelmäßig an die Straßenwartung erinnern mußte, da sie "schlecht, morastig, kipp- und sturzgefährlich, verwachsen und sumpfig waren, und auf denen sich zu bewegen, war für Mensch und Tier gefährlich". Die Wege waren schmal und matschig und bei länger anhaltenden Regenfällen an manchen Stellen unpassierbar. Sie hatten keinen harten Untergrund, nur an sumpfigen Stellen wurden sie durch Lattenbalken befestigt, die regelmäßig ausgetauscht werden mußten, um die Wege befahrbar zu halten. Brücken waren meistens aus Holz, manchmal waren sie überdacht. Oft fehlten sie aber auch, von den Wassermassen im Frühling weggerissen. Die Instandhaltung der Wege und Reparaturen der Brücken waren bis in das 18. Jahrhundert eine Pflicht der Obrigkeit, auf deren Herrschaft sich die Wege befanden. Die damit verbundenen Ausgaben sollten mit den Mautgebühren gedeckt werden. Die Obrigkeit erhob zwar die Maut, aber ihre Pflichten bezüglich der Reparatur der Wege erfüllte sie nur nachlässig.
Die Reisenden wurden unterwegs von Wegelagerern, "Lotterbuben, Schadenstiftern, Landesverderbern, Räubern, Meuchlern, vom Landstreicher- und leichtsinnigen Volk" bedroht. Zum Sichermachen der Wege sollte entlang der Wege das Gebüsch und die Wälder gerodet werden, und zwar einer Verordnung aus dem Jahre 1578 zufolge sogar in einer Breite von 32 Metern.
Bis ins 19. Jahrhundert konnte man auf den Wegen meistens Bauernwagen, mit Planen gedeckte Fuhrmannswagen oder auch Kutschen verschiedener Formen sehen, die von Pferden gezogen wurden. Sie dienten sowohl dem Personenverkehr, als auch der Beförderung verschiedenster Waren und auch der Post. Bis ans Ende des 16. Jahrhunderts stellten die Post meistens die Fuhrleute oder spezielle Beamte oder adelige Boten zu, die im Dienste einzelner Adeliger, Herrschaften, Städte und Klöster unterwegs waren. Außer ihnen übermittelten die Nachrichten Wandergesellen, Juden, Priester, Mönche, wandernde Studenten - Vaganten, Fleischhauer, Trödler, Wanderer, Haushändler sowie auch andere, "durch die Welt wandernde Menschen". Im Jahre 1748 wurde in den böhmischen und österreichischen Ländern der Postverkehr verstaatlicht und somit wurden die Voraussetzungen zu dessen weiterer Entwicklung geschaffen. Für die Annahme der Post und ihr Verschicken sorgten spezialisierte Kaiserpostmeister in besonderen Poststationen. Mit der Zeit wurde eine immer größere Menge selbständiger Sammelstellen für Briefe auch in den von den Poststationen entfernteren Stellen errichtet. Auf den Hauptstrecken, zu denen in Südböhmen die Verbindung mit Wien und Prag gehörte, fuhr man zweimal wöchentlich, und seit der Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden auch Versuche, die alltägliche Postverbindung (Journaliere) zwischen Wien und Prag herzustellen.
Seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde die Bemühung immer stärker und häufiger, die Hauptdurchgangswege ordentlich auszubauen, zu denen vor allem die Linzer Straße gehörte, die aus Prag über České Budějovice und Dolní Dvořiště nach Linz führte. Im Jahre 1804 begann der Straßenbau nach einem neuen System, nämlich dem System der sogenannten "freiwilligen Konkurrenz" der Obrigkeit mit den Untertanen, die nach einer vorherigen Vereinbarung mit den Dorfrichtern die Pflicht übernahmen, für den Straßenbau der Steuerpflicht entsprechend sowie der Entfernung des gegebenen Dorfes von der projektierten Straße beizutragen. Die Untertanen waren gezwungen, manuelle Arbeiten und den Materialtransport zu übernehmen, die Obrigkeiten kauften dieses Material ein und führten auf ihre Kosten den Bau von Kanälen, kleinen Brücken sowie auch weitere kleine Arbeiten durch. Künstlich angelegte Straßen waren 5 - 7 Klafter breit, hatten einen harten Untergrund und beiderseitig einen Graben. Die alten Holzbrücken entsprachen auch nicht mehr dem zunehmenden Verkehr und wurden durch Eisenbrücken ersetzt. Der Bau der Hauptdurchfahrtswege wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts beendet. Nach der Beendigung der Arbeiten wurden die Straßenränder mit Bäumen befestigt. Entlang der Hauptstraßen wuchsen Alleen von Akazienbäumen, Pappeln und vor allem Obstbäumen. Den Eintragungen aus dem Jahre 1832 zufolge säumten die Straßen in den böhmischen Ländern schon 544 014 Bäume, die den Charakter der Landschaft bedeutend änderten und verschönerten. An den neuen Straßen entstanden und belebten Einkehrhäuser, eine willkommene Zuflucht der Fuhrleute und auch der Reisenden. Im 19. Jahrhundert wurden die Stadtmauern und -tore abgetragen und entlang der Hauptstraßen wurden schnell neue Stadtviertel erbaut.
Die Änderung der Nutzung der Verkehrsmittel in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts führte zur neuen Gestaltung des Straßenbelags. Der sich entwickelnde Automobilverkehr forderte eine langfristige Instandhaltung sowie auch einen dauerhaften Straßenbelag durch Betonieren oder Asphaltieren. Die Straßen haben damals in den meisten Fällen die Richtung der ursprünglichen Landeswege behalten.
(mh)
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