Literatenbruderschaft in der Stadt Český Krumlov

Die Literatenbruderschaft war ein Verein der gebildeteren Bürger, die sich zum gemeinsamen Gottesdienstgesang bei den Sonntags- und Festtagsmorgenmessen sowie bei den Adventsroraten (Weihnachtsgesang) trafen. Die meisten erhalten gebliebenen Denkmäler der böhmischen Musik vom Ende des 15. Jahrhunderts bis Anfang des 17. Jahrhunderts sind gerade mit der Tätigkeit der Literatenbruderschaften verbunden.

Kostelní Nr. 162, vordere Stirnseite Die Krumauer Literatenbruderschaft entstand um das Jahr 1490, vor der Mitte des 16. Jahrhunderts löste sie sich auf und im Jahre 1554 erneuerte sie Wilhelm von Rosenberg, der es seinen untertanen Bürgern verordnet hat, da "es seit jeher in allen Städten des Böhmischen Königreiches eine Gewohnheit war, daß all diejenigen, die für die Kunst talentiert waren, wo sie sich in den Städten auch befanden, sich zu den Morgenmessen zu treffen hatten." Nach der Wiederherstellung hatte die Bruderschaft 24 Mitglieder, die meisten von ihnen gehörten zu den Honoratioren der Stadt. Aus dem Anfang der 17. Jahrhunderts blieb eine Beschwerde der Schulleitung erhalten, daß die Literaten unter einem "Personenmangel" leiden, und daß ihnen die Chorsänger bei der Erfüllung der Pflichten helfen müssen, die sie früher "nach dem alten und lobenswerten Brauch selbst schafften". Beide Gruppen lösten einander auf dem Chor ab, mit der Zeit sangen sie jedoch gemeinsam. Den Literaten im Chor zu helfen, war auch eine der Pflichten der Musiker der Rosenberger Musik.

Kirche St. Veit in Český Krumlov, Orgel auf dem Chor der Literatenbruderschaft Die Musik an der Wende des 16. und 17. Jahrhunderts erforderte einen ziemlich großen Aufwand. Die Sänger wurden im Raum in zwei aber auch mehr selbständige Chöre aufgeteilt, die einander entsprachen oder aber sie verbanden sich in eine vielstimmige Einheit. Zur Musik der späten Renaissance gehörten üblicherweise stereophone Effekte. Eine solche Musik enthält eines der drei Polyphoniegesangbücher, die aus dieser Zeit in Český Krumlov erhalten geblieben sind. Es enthält zwölf Messen für fünf bis acht Stimmen von den beliebtesten Autoren vom Ende des 16. Jahrhunderts (Orlando di Lasso, Jacob Vaet, Philipp de Monte, Alexander Utendal u. a.). Ihre Interpretation erforderte die Mitbeteiligung der Chorsänger, besonders Jungen vor dem Stimmwechsel, die imstande waren, hohe Diskantparte zu singen. Von den vierzehn Chorbüchern, die das damalige Inventar enthält, sind noch weitere zwei erhalten geblieben. Das eine enthält eine Messe und Motetten nur für männliche Stimmen - also nur für Literaten (von den Autoren sind z. B. Cypriano de Rore, Matthias Herrmann Verrecor, Jacob Arcadelt, Benedictus Appenzeller, Dominicus Phinot u. a. zu nennen), das zweite enthält Vesperhymnen und Psalmen sowie auch das Magnificat, das jedoch von den Chorsängern gesungen wurde.

(mho)

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