Untergegangene Gemeinden und Ortschaften in der Region Vyšší Brod
Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte der Gerichtsbezirk Vyšší Brod 116 dauerhaft besiedelte Orte. Diese Zahl sank am Ende des 20. Jahrhunderts auf 27, was bedeutet, dass hier während eines einzigen Jahrhunderts 89 Gemeinden und Ortschaften untergingen. Zum Untergang kam es aus drei Hauptgründen: wegen dem Bau des kommunistischen "eisernen Vorhangs," durch den Bau des Lipno-Stausees und durch die Kollektivierung der Landwirtschaft. Über den durch den Bau des "eisernen Vorhangs" verursachten Untergang von Gemeinden und Ortschaften informieren die Artikel Untergegangene Pfarrei Kapličky und Untergegangene Pfarrei Rychnůvek, die das rechte Ufer der Vltava betreffen.
Das Jahr 1946 bedeutete in der Umgebung von Vyšší Brod allmähliche Aussiedlung der deutschsprachigen Bewohner auf Grund des Postsdamer Abkommens der Siegesmächte, also der Sowjetunion, USA und Großbritanniens. In der Umgebung von Vyšší Brod betraf die Aussiedlung fast alle Bewohner, denn die tschechische Minderheit musste die Region Vyšší Brod bereits im Jahr 1938 verlassen, als die Gegend dem faschistischen deutschen "Reich" angeschlossen wurde. Nach der Aussiedlung der Deutschen kamen hierher allmählich neue Nachsiedler, meistens rumänische Reemigranten und Slowaken. Die kamen hierher besonders aus dem Grund, dass ihnen verlassene Gebäude, Bauernhöfe und Boden versprochen wurden. Weder im Jahr 1947 noch später gelang es jedoch alle Gebäude und Boden mit neuen Bewohnern zu besetzen. Einige von ihnen nahmen nach dem Einzug das Dach auseinander, rissen Fußböden, Fenster und Türen auf und diese Teile brachten sie "ins Inland" als Baumaterial.
Ein weiterer Grund des Untergangs der Gemeinden und Ortschaften in der Region Vyšší Brod war der Bau des Lipno-Stausees. Die große Überschwemmungszone grenzte 24 dauerhaft besiedelte Orte ab, die nicht nur zu verlassen waren, sondern wo auch die meistens steinernen Häuser niederzureißen waren. Als Beispiel führe ich Frymburk an, wo ein Drittel der Gemeinde niedergerissen wurde. Von der heutigen Ansicht war der Bau des Lipno-Stausees nicht nur ein Beitrag für die Landschaft und es ist real vorauszusetzen, dass diese Gemeinden und Ortschaften sowieso untergegangen wären. In keinem Fall wäre es jedoch zu keinem Neubau in dem Umfang gekommen, den die Überschwemmung der Orte hervorrief, "wo Fische über den Dörfern schwimmen". Ein Teil der überschwemmten Gemeinden, insbesondere Frymburk, Přední Výtoň und Lipno, erwartete einen umfangreichen neuen Aufbau, und so lässt sich objektiv konstatieren, dass der Bau des Lipno-Stausees ein Beitrag für das Leben und Wohnen war.
Nach dem "siegreichen Februar 1948" vergaßen die Kommunisten zu schnell die Übergabe des Bodens den neuen Landwirten in den Jahren 1946 und 1947 und eine gewaltsame Kollektivierung der Landwirtschaft begann auch in der Grenzregion Vyšší Brod. Ein Teil der Nachsiedler löste die Situation mit dem Umzug und ein weiterer Teil, insbesondere ältere Reemigranten, hielt sich "mit Händen und Füßen" als privat lebende Landwirte bis zum Ende der fünfziger Jahre. Sie wollten auf den Boden und das Haus nicht freiwillig verzichten, die sie erwarben. Ihre Kinder verließen jedoch allmählich das Bauerngut und die Wirtschaft und gingen insbesondere in die Loučovicer Papierfabrik. Der Untergang der meisten Gemeinden und Ortschaften auf dem linken Ufer der Vltava in der Region Vyšší Brod kam zu Beginn der sechziger Jahre, als die nachgesiedelten Reemigranten so alt wurden, dass sie nicht im Stande waren selbst zu wirtschaften. Die damaligen Staatsgüter begannen einen umfangreichen Wohnungsbau in "Zentralgemeinden" durchzuführen, insbesondere in Vyšší Brod, wohin sie die meisten von ihren Landwirtschaftsarbeitern und Angestellten umsiedelten. Neubauten entstanden auch bei den einzelnen Farmen. Zum Beispiel die Farm Kyselov verursachte definitiven Untergang der umliegenden Ortschaften Bolechy, Hradoví, Lopatné und Kleštín. Verlassene Häuser und Bauernhöfe wurden langsam baufällig und so wurden sie schrittweise niedergerissen.
(fs)
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