Die letzten Floße auf dem Fluß Vltava
Am 5. Juli 1971 begannen die letzten Vorbereitungsarbeiten für die Fahrt des letzten Flosses auf der Vltava, um die notwendige Dokumentation für das Forst- und Jagdmuseum Ohrada - Hluboká sowie auch für das damalige Tschechoslowakische Fernsehen anzuschaffen.
Am 9. Juli 1971, vor sieben Uhr in der Früh, begaben sich sechs alte, erfahrene Flößer unter der Leitung des Flößereischiffers Bohumil Sypal auf den Weg, der ursprünglich 3 Tage lang dauern sollte und mit der Durchfahrt von 20 Schleusen an den Wehren der Vltava verbunden war. Es kamen ihnen noch zwei Flößer aus dem Prager Verein Vltavan zur Hilfe - drei der Flößer hatten die alten sog. Schifferpatente.
Sie setzten voraus, daß sie am ersten Tag die Strecke Vyšší Brod - Rájov, am zweiten Tag Rájov - České Budejovice und am dritten Tag nach der Übernahme der Floße von den LKWs über die nicht durchfahrbare Strecke des Flusses nach Hluboká nad Vltavou und dann wieder auf der Vltava bis in die Endstation Týn nad Vltavou durchfahren. Schon seit fünf Uhr früh ließ die Verwaltung der Talsperre Lipno mit dem hiesigen Kraftwerk aus dem Augleichsbehälter in Vyšší Brod 30 Kubikmeter Wasser abfließ, was der Schätzung nach eine genügende Menge Wasser für die Erhöhung des Wasserspiegels sichern sollte, damit die Floße auch an den Schleusen durchfahren können. Es stellte sich jedoch heraus, daß der Fluß nach so langer Zeit Ruhe so viele Listen und Tücken vorbereitet hatte, daß es schlußendlich über die Kräfte aller Veranstalter der letzten Floßfahrt und auch der alten Flößer ging. So veränderte sich das Flußbett wesentlich, es entstanden neue seichte Stellen und auch die Schleusen waren nicht immer gut befahrbar, da sie lange Zeit nicht gewartet wurden.
Außer den angeführten Flößern bildeten auch viele Menschen aus den Reihen der Veranstalter, des Fernsehstabs der bekannten und auch hiesigen Mutigen die Besatzung. Die Floße und deren Besatzung kam außer einige Male "Naßwerden" gleich am ersten Tag in eine schwierige Situation und unter den angegebenen Bedingungen war es nicht einfach, die Formation von sechs Floßen mit einer Gesamtlänge von 120 Metern zu führen. An den Ufern und Brücken standen viele Zuschauer - hiesige, aber auch Touristen, die wirklich eine attraktive und unvergeßliche Schau hatten. Ein wunderschönes Wetter begleitete diese Floßfahrt auf ihrer Strecke und sie wurde von vielen Fotografen und Kameramännern verfolgt. Unterwegs blieben die Flößer ab und zu an einer seichten Stelle hängen, oder es rißen die das Floß zusammenhaltenden Bänder, womit es natürlich zu Verzögerungen im Vergleich zum Programm kam. Daher fuhren die Flosse erst nach sechs Uhr abends durch Český Krumlov, wo sich ein zahlreiches Publikum angesammelt hat. Noch am selben Tag blieben die Floße wegen einem Stein vor Rájov hängen, wo von dem Floß der ganze hintere Teil abgerissen wurde. Es gelang alles zu reparieren und die Floße erreichten ihr erstes Ziel in Rájov, wo die Besatzung übernachtete. Am Samstag, dem 10. 7. 1971, setzten die Flößer gemeinsam mit den Gästen, Filmemachern und auch Fotografen weiter über Zlatá Koruna in Richtung České Budějovice ihre Reise fort. Beim Durchfahren der alten Wehr in Pozděrady prallte das Floß gegen das Ufer, das hintere Floß nahm die Strömung winkelrecht über den Fluß mit, wo es hängen blieb und zerriß. Es gab noch viele dramatische und auch lustige Geschichten bei dieser Fahrt, z. B. mit der bekannten tschechischen Schauspielerin Jiřina Bohdalová. Sie nahm an der Fahrt teil, damit der Kameramann des tschechoslowakischen Fernsehens ihr Gespräch mit den Flößern direkt am Floß festhalten konnte. Die Veranstalter beendeten dann diese Floßfahrt auf der Vltava vorzeitig am zweiten Tag, am Abend in Březí.
Auch so gelang es, viel wertvolles Dokumentarmaterial als Film oder Fotos für die Archivzwecke anzuschaffen, das zur Veröffentlichung im Fernsehen oder in der Presse genutzt werden konnte. Die alten Flößer wurden dann letztendlich von dem Fluß überwältigt, sie erhielten aber die Anerkennung aller, die das Glück hatten, Zeugen dieser historisch letzten Floßfahrt zu werden.
(jn)