Burgstätte aus der Bronzezeit in Dívčí Kámen
Die felsige Anhöhe über dem Zusammenfluss der Vltava und des Křemžer Bachs wurde bereits seit der Urzeit besiedelt. Die markante Lage des Felsenriffs, der über dem Vltava-Tal emporragt, bestimmte den Entstehungsort der urzeitlichen Burgstätte - wahrscheinlich eines wichtigen strategischen Punktes auf der vorausgesetzten Straße vom Donaugebiet ins Innere Böhmens vor.
Den heutigen Zustand der Erkenntnis der Lokalität ermöglichte eine langfristige archäologische Untersuchung der Lokalität, die in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts Dr. J. Poláček vom Südböhmischen Museum in České Budějovice durchführte. Die Sonde konzentrierte sich vor allem auf den Nordhang der Burganhöhe (Abb. 1). Urzeitliche Funde gelang es hier vor allem in den Spülschichten, mittelalterlichen Planierstätten und nur stellenweise in ursprünglichen urzeitlichen Situationen zu finden. Eine unabhängige archäologische Untersuchung des Kerns der mittelalterlichen Burg auf dem Gipfel des Hügels, von Dr. A. Hejna vom Archäologischen Institut in Prag realisiert, wies nach, dass der mittelalterliche Bau wahrscheinlich alle älteren Siedlungssituationen völlig vernichtete.
Vereinzelte Funde von Bruchstücken der Keramikgefäße beweisen die Besiedlung der Anhöhe bereits in der Spätsteinzeit - Eneolithikum (etwa 4000-2000 vor Christus). Diese Zeit ist in Südböhmen bisher nur wenig erkannt und die angeführten Funde stellen bisher den einzigen Beweis der Besiedlung dieses Alters in der Region Český Krumlov dar.
An der Wende der älteren und mittleren Bronzezeit (um 1500 vor Christus) entstand an der Stelle der späteren mittelalterlichen Burg eine Burgstätte. Von ihrer Gestalt, Befestigung oder Bebauung wissen wir nicht viel. Fast mit Sicherheit können wir jedoch voraussetzen, dass sie befestigt war, ähnlich wie eine Reihe von zeitgenössischen Burgstätten in Südböhmen (z. B. Vrcovice, Skočice oder Nuzice). Die meisten Informationen über das Leben der Bewohner der Burgstätte an der Stelle der späteren Burg Dívčí Kámen bieten uns die gefundenen Gegenstände der materiellen Kultur. Gerade die Kollektion von Funden aus dieser Lokalität, heute im Südböhmischen Museum in České Budějovice aufbewahrt, stellt einen der zahlenmäßig stärksten Komplexe von der Wende der älteren und mittleren Bronzezeit in Südböhmen dar.
Der Kern des Fundkomplexes besteht aus Bruchstücken von Keramikgefäßen (Abb. 2-3). Ihr Formenspektrum war am Ende der älteren Bronzezeit ziemlich reich. Zum Lagern der Lebensmittel dienten große Gefäße, sog. Vorrätsgefäße. Reich sind in den Funden universal gebrauchbare topfartige oder sog. amphoraartige Formen vertreten. Zahlreich sind auch verschiedene Typen von Schüsseln. Getränke wurden aus Keramikbechern getrunken. Als Kindersielzeug konnten Miniaturgefäße dienen. Vom technologischen Gesichtspunkt aus stellt die Keramik von der Wende der älteren und mittleren Bronzezeit einen Beweis der großen Geschicklichkeit der damaligen Töpfer (oder Töpferinnen) dar. Die Gefäße wurden ohne eine Töpferscheibe geformt und sind verhältnismäßig gut gebrannt. Grobere Formen haben oft die äußere Oberfläche mit einer rauen Engobaschicht bezogen, die das Entgleiten den Händen hindert. Demgegenüber haben die Schüsseln, kleinere amphoraartige Formen oder Becher eine vollkommen geglätterte bis blank polierte Oberfläche. Diese Oberflächenbearbeitung deutet an, dass siese Gefäße eher als "Tischkeramik" benutzt wurde. Die Ausschmückung der Keramik vom Ende der älteren Bronzezeit ist ziemlich einfach. Am häufigsten treffen wir auf plastisches eingedrücktes Band und verschiedene plastische Fortsätze - "Nabel". Nur vereinzelt kommt die gestochene Ausschmückung vor, manchmal mit Inkrustierung ergänzt (gestochene Linien erfüllt mit weißer Masse).
Im Vergleich mit anderen Fundorten stammt von der Burgstätte in Dívčí Kámen eine außerordentlich starke Kollektion nichtkeramischer Funde. Die meisten von ihnen wurden bei der archäologischen Untersuchung entdeckt, einige Komplexen wurden jedoch auch selbstständig gefunden. Im Jahr 1946 wurde am Fuß der Burganhöhe ein Depot (Massenfund) von bronzenen Armbändern gefunden. Ihre genaue Zahl ist heute nicht bekannt, es blieben jedoch mehrere Exemplare erhalten. Es handelt sich um sog. Spiralarmbänder mit Rosetten an den Enden (Abb. 4), also in ihrer Zeit sehr luxuriösen Schmuck. Ein weiteres Depot wurde am Nordhang der Burganhöhe im Jahr 1960 entdeckt. In einem Keramikgefäß wurden gemeinsam zwei bronzene Äxte, zwei "Manschettenarmbänder" und 250 Bernsteinkorallen verschiedener Größen verseckt (Abb. 5). Der Bernstein war insbesondere in der Bronzezeit sehr beliebt und diente zur Herstellung von Korallen und Anhängseln der Halsketten. Dieser Rohstoff musste jedoch nach Mitteleuropa von der Ostsee importiert werden und war in seiner Zeit sehr hoch geschätzt. Die Bernsteinkorallen von Dívčí Kámen stellen einen der zahlenmäßig stärksten Massenfunde vom böhmischen Gebiet dar und das Depot ist ein beredter Beweis des Fernhandels, in den ohne Zweifel auch die hiesige Burgstätte eingegleidert war.
Auch die archäologische Untersuchung brachte einen außergewöhnlich umfangreichen Komplex von Bronzegegenständen oder deren Bruchstücken. Es handelt sich um Schmuck (Armbänder, Rosetten eines Rings), Werkzeug (Äxte, Ahlen) oder Waffen (Dolche). Einer der gefundenen Dolche hat einen erhaltenen Rest der hölzernen Verkleidung des Bronzeblatts, die in den Handgriff übergeht. Hölzerne Bestandteile der bronzenen Industrie blieben nur ausnahmsweise erhalten. Die Zahl der Bronzegegenstände von der Burgstätte spiegelt ohne Zweifel ihre außerordentliche Bedeutung wider.
Bemerkenswert ist auch die Kollektion der Erzeugnisse aus Stein. Sehr verbreitet war noch die Herstellung von gespaltenen Pfeilspitzen aus Silex (Abb. 6), die an der Wende der älteren und mittleren Bronzezeit die lange Tradition der Herstellung der gespaltenen Industrie beendete. Am Ende der älteren Bronzezeit verklingt auch die Tradition der Herstellung der sog. Geschliffenen steinernen Industrie, die vor allem durch verschiedene Typen von Äxten repräsentiert wird. In der Fundkollektion von Dívčí Kámen kennen wir außer den funktionsfähigen Exemplaren auch ein paar Miniaturen. Diese Gegenstände hatten keine praktische Bedeutung und lassen sich zu den Funden mit symbolischer oder Kultusfunktion zu ordnen (Abb. 7).
Von der unmittelbaren Umgebung der Burgstätte in Dívčí Kámen kennen wir bisher nicht viele zeitgenössische Funde. In den Wäldern bei der Gemeinde Třísov wurden jedoch Grabhügel festgestellt und vom Inhalt eines von ihnen sind bronzene Spiralscheiben, typische Zierden der Kleidung vom Ende der älteren Bronzezeit erhalten. Ob diese Grabhügel jedoch die letzte Ruhestätte der Bewohner der Burgstätte Dívčí Kámen darstellen, oder ob sie mit einer anderen bisher unbekannten Siedlung in der Umgebung zusammenhängen, wissen wir bislang nicht. Die Burgstätte Dívčí Kámen war jedoch bestimmt nicht isoliert, wie es z. B. zahlreiche zeitgenössische Funde in der Umgebung von České Budějovice zeigen. In derselben Zeit existierte eine Höhensiedlung auch in Vyšný bei Český Krumlov.
Nach dem Untergang der Besiedlung von der Wende der älteren und mittleren Bronzezeit blieb die Lage der älteren Burgstätte wahrscheinlich mehrere Jahrhunderte lang verlassen. Vereinzelte Bruchstücke der Keramikgefäße beweisen die menschliche Anwesenheit an dieser Stelle erst in der älteren Eisenzeit, in der Hallstattzeit (7. - 6. Jahrhundert vor Christus). Dann blieb die Anhöhe wahrscheilich bis zum Hochmittelalter verlassen, als hier eine Burg gebaut wurde.
Trotz einer zahlreichen Fundkollektion wissen wir von der Burgstätte in Dívčí Kámen bisher ziemlich wenig. Die künftigen Untersuchungen entdecken wohl mehr, welche Rolle diese Lokalität in der südböhmischen Urzeit spielte. Schon heute ist es jedoch sicher, dass es sich um eine Burgstätte außerordentlicher Bedeutung handelte.
(jm)
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