Latrán Nr. 77 - Hotel "Zur Stadt Wien"
Lokalisierung:
Latrán Nr. 77 - Hotel "U Města Vídně" (Zur Stadt Wien)
Beschreibung des
Objektes:
Das Haus "U města Vídně" ist ein ausgedehnter Komplex, dessen
Hauptgebäude an der Straße eine Stirnwand hat, die mit
Briefumschlagssgraffito, Chambranen, ornamentalen Bändern mit
Pflanzenmotiven und plastischen Bossagen geschmückt ist. Oberhalb
eines Fensters des ersten Stockwerkes können wir die fünfblättrige
Rose erkennen, oberhalb der anderen dann die Jahreszahl 1561 und
die Initialen WH. Der linke Teil, abgeteilt durch eine senkrechte
Gerade, hat Sgraffitoausschmückung mit verschiedenen Motiven. Es
befindet sich hier auch eine Durchfahrt. An der rechten kurzen
Stirnfront ist auf einer Konsole und einem Säulchen auf die Höhe
des ersten Stockwerkes ein Erker aufgesetzt. Rechts im Hof befindet
sich ein ebenerdgiges, rückwärts dann ein dreistöckiges Gebäude.
Beide sind neuzeitlich.
Bauhistorische
Entwicklung:
Die Anfänge des Hauses kann man im Mittelalter finden. Die Parzelle
befand sich in der Nähe des Latraner Tores (siehe Geschichte
der Tore und der Befestigung in der Stadt Český Krumlov). Die
Keller und das Erdgeschoß sind gotischen Ursprungs. Um das Jahr
1561, wie die Jahreszahl und das Monogramm WH auf der Fassade
zeigt, verlief wahrscheinlich ein Umbau im Stil der Renaissance. Es
wurde das ganze Erdgeschoß neu gewölbt und der erste Stock neu
geschaffen, wahrscheinlich mit geschnitzten Decken und vielleicht
auch mit Malereien. Das zweite Stockwerk war in der Zeit der
Renaissance vielleicht eine Attika. Im Jahre 1799 wurde das Haus
nach einem Brand klassizistisch hergerichtet. Das zweite Stockwerk
entstand im gegenwärtigen Aussehen im Jahre 1873. Weitere
Instandsetzungen erfolgten nach dem Jahre 1883 und im Jahre 1893.
In den Jahren 1929 - 1931 wurde an der Stelle eines älteren Flügels
ein dreistöckiges Hotelgebäude mit einem Flügel der Küche gebaut.
Im Jahre 1934 wurde ein neuer Dachstuhl und die Mansarde erhoben.
Die Sgraffiti wurden im Jahre 1939 vom Krumauer Maler Adolf Jobst
freigelegt und restauriert.
Entwicklung der
Stirnseite:
Nach den Funden der grob geglätteten Putze ist vorauszusetzen, das
das Objekt im Mittelalter bis zum Niveau des 1. Stocks reichte. In
der Renaissancezeit kam es zur Erhöhung um den Attikastock, ein
Teil der Stirnseite wurde neu gemauert mit einer plastischer
Gliederung durch Pilaster und ein Kordonsims. Der linke erniedrigte
Teil mit der Ausschmückung der Walmpyramiden-Sgraffitofeldern wohl
dank der gleichen Höhe und Anknüpfung des Sgraffitoentwurfs bildete
ein Ganzes mit dem Nachbarobjekt Nr.
78.
Die einstöckigen Fensteröffnungen wurden durch einen pflanzlichen dekorativen Rahmen betont, die Fläche zwischen ihnen füllte eine dekorative Sgraffittovase mit Blumen aus. Der rechte höhere mehr verzierte Teil der Stirnseite mit einer Reihe von kleinen dekorativen Motiven einschließlich Datierung der Entstehung der Renaissancefassade 1561 wurde wahrscheinlich mit einer Attika abgeschlossen. Es ist vorauszusetzen, dass die bossierten Pilaster ursprünglich mit Kapitellen aubgeschlossen wurden, an die das Hauptsims anknüpfte.
Das bossierte Kordonsims, als Sohle der plastischen Pilaster war
ursprünglich um ca. 30 cm höher als der heutige Zustand ist.
Wahrscheinlich in der Zeit des Frühbarocks wurde die Stirnseite
farbig durch einen weiß-grauen Entwurf ohne weitere Putzgestaltung
in die Sgraffitooberfläche der Fassade gegliedert. In der jüngeren
Barockzeit wurde die Stirnseite mit Anwendung der
Renaissancepilaster durch eine hohe Pilasterordnung mit einem
Abschluss durch das bestehende Hauptsims gegliedert, das Parterre
gliederte die Quadrierung, bzw. Gürtelbossenwerk. In der
klassizistischen Zeit nach einem Brand im Jahr 1798 erfolgten
wahrscheinlich nur kleinere Umgestaltungen der dekorativen Elemente
der Fassade. Nach ganzflächigen Anstrichen in der Vorkriegszeit
/ockerfarbener und grauer Anstrich/ wurden im Jahr 1939 die
bestehenden Renesancestirnseiten mit partiellen Umgestaltungen in
der Nachkriegszeit präsentiert.
Die Instandsetzung der Fassade wurde in den Jahren 2001, 2002 durchgeführt. Trotz Aufmerksammachung auf die Außerordentlichkeit der Stirnseite mit einem einzigartigen Komplex ursprünglicher abstrakter Sgraffitofelder, deren Analogie wir in Böhmen nicht kennen, wurde der Instandsetzung der Fassade genügende Aufmerksamkeit gewidmet, die Instandsetzung und Rekonstruktion der Sgraffitofelder wurden nicht mit der ursprünglichen Technik durchgeführt. Die druchgekratzten Flächen der Sgraffitofelder wurden unlogisch mit einem ockerfarbenen Silikatanstrich versehen, sodass die grundlegende bildkünstlerische Absicht des Sgraffitos, gegründet auf dem Kontrast der weiß angestrichenen geglätteten Fläche und der durchgekratzten groben Fläche fast nicht zur Geltung kommt.
Bedeutende architektonische Details:
Das Objekt gehört zu den vorrangigen Denkwürdigkeiten des
bürgerlichen Bauwesens der Renaissance in Český Krumlov. Außer den
schon erwähnten gotischen Kellern und der Fassade aus der
Renaissance ist die komplizierte Gliederung des ersten Stockwerkes
beachtenswert. Künstlerisch am wertvollsten ist der Raum im linken
Teil mit flacher Decke, einem Erker, der von reichhaltigem
Sterngewölbe mit Kämmchen gewölbt ist, bei der Hauptstirnwand um
die Fenster mit segmentförmigen blinden Arkaden, die auf halbkreis-
und viertelkreisförmigen Säulen ruhen. Die nachbarliche
Räumlichkeit an der Straße hat ein Kreuzkämmchengewölbe, im
weiteren Raum am linken Ende der Gliederung sind bei den zur
Stirnwand senkrechten Wänden blinde Arkaden und ein reichhaltig
profiliertes Stuckjoch an der Decke.
Geschichte der Bewohner des
Hauses:
Die erste schriftliche Erwähnung über das Haus stammt erst aus dem
Jahre 1565, Besitzer war damals ein gewisser Hans Wasserhansl,
dessen Sohn, der Bäcker Hans, noch im ersten Jahrzehnt des 17.
Jahrhunderts hier wohnte. Der Preis der Liegenschaft war damals -
im Jahre 1611 - 430 Schock Meißner Groschen. In den Jahren 1655 -
1778 war das Haus im Besitz der Bäckerfamilie Porth. Es gab hier
auch ein Brotgeschäft. Im Jahre 1798 brannte das Objekt aus, aber
die Bäckerei diente auch weiterhin ihrem Zweck. Im Jahre 1870
ersuchte der Besitzer Tomáš Soukup um Bewilligung zum Umbau des
Hauses "U města Vídně" in eine "zweckmässigere Ausstattung eines
Einkehrgasthofes". Im Jahre 1929 kaufte Georg Kerschbaum drei
selbständige Flügel des Nebengebäudes des ehemaligen
Klarissinnenklosters dazu. Im Jahre 1929 - 1931 entstand dann der
Hotelneubau.
Gegenwärtige
Nutzung:
Hotel
Wien