Latrán Nr. 104, Budějovická brána (Budweiser Tor)
Lokalisierung:
Latrán Nr. 104, Budějovická brána (Budweiser Tor)
Beschreibung des Objektes:
Das Stadttor (siehe Geschichte
der Tore und der Befestigung in der Stadt Český Krumlov),
situiert auf einem Felsen über der Schlucht des Baches Polečnice,
eingeschlossen von der angrenzenden Wohnbebauung. Die nördliche
Stirnwand (ausgerichtet aus der Stadt hinaus) leitet die Illusion
einer massiven Befestigungsanlage ein. Zwei Pilaster mit dorischen
Kapitelln und bossierten Schäften gliedern sie in drei Felder. Das
breitere mittlere Feld ist durch ein mächtiges Portal aus
steinernen Wölbsteinen gefüllt, die das zurückversetzte Feld für
das Herablassen einer Zugbrücke ausgrenzen. Die Öffnungen mit
hölzernen Rollen sind noch erhalten. Auf der Fläche oberhalb des
Portales wurde ein neuzeitliches städtisches Wappen eingesetzt. Die
schmäleren seitlichen Felder, begrenzt von Eckbossagen, füllen zwei
übereinander angebrachte Nischen, gewölbt immer mit einer
Halbkuppel (Konche), im oberen Niveau ergänzt von einer
Chiaroscuromalerei der Muschel. In der westlichen Nische im
Erdgeschoß wurde ein neuzeitlicher Durchgang errichtet. Die
Pilaster tragen ein dorisches Säulengebälk, gegliedert von
Triglyphen, an das mächtige abgerundete Zinnen anschließen. Hinter
diesem befindet sich die Masse des Turmes mit fünfseitigem
Grundriß. In nördlicher Richtung ist er versehen von einer Schneide
mit illusiver Bossage, die Seitenwände haben Sgraffitorustika,
ergänzt von einer illusiven Eckbossage. Die südliche Stirnwand ist
im Gegensatz dazu als ein einfacher schlanker Turm gelöst, versehen
von dekorativer Malerei einer illusiven Fassade. Das einzige
plastische Element sind wuchtige Wölbsteine aus Stein in der
Durchfahrt und die bandformigen Gewände vierer Fenster, angebracht
auf zwei Achsen. Rechts von der Durchfahrt befindet sich eine
rechtwinkelige Öffnung nach dem abgeschafften neuzeitlichen
Durchgang. Die Fläche oberhalb der Einfaht trägt eine illusive
Rustika, ergänzt durch eine abweichend gelöste illusive Eckbossage.
Um die Fenster wurde ein reichhaltiges Rollwerk ausgearbeitet und
dazwischen befindet sich das Zifferblatt der Sonnenuhr. Das Zeltdach
mit einem mächtigen Aufschiebling ist mit Mönch- und Nonnenziegeln
gedeckt. Die Durchfahrt des Tores ist mit einem gedrückten
Tonnengewölbe mit einem Paar von Berührungslünettenausschnitten an
den Kanten versehen. Beide neuzeitlichen Durchgänge sind
flachgedeck. Das erste Stockwerk beinhaltet einen flachgedeckten
Wohnraum, die schwarze Küche und den Kommunikationsraum mit der
Treppe in den zweiten Stock. Dort befindet sich die einzige
Räumlichkeit mit einfacher Holzbalkendecke mit umgeschlagenem
Sturzboden. Der Dachstuhl ist gezimmert mit liegendem Stuhl und
sein Ursprung aus der Renaissance (mindestens aus dem Barock) kann
nicht ausgeschlossen werden.
Bauhistorische Entwicklung:
Das Budweiser Tor (Budějovická brána) wurde in den Jahren 1598 -
1602 auf Kosten des Peter Wok von
Rosenberg als jüngstes der ehemaligen neun Tore in der Stadt
gebaut. Baumeister war der Hofarchitekt Benedetto
Domenico Cometta z Eckthurnu. Als Vorlage der nördlichen
Stirnwand diente ihm ein Bücherentwurf des italienischen
Architekten Sebastian Serli. Die Adaptierung des Torinterieurs in
eine Wohnfunktion ist wahrscheinlich klassizistischen Ursprungs. Im
Jahre 1934 wurde im Zusammenhang mit der Verbreiterung der Brücke
ein Durchgang für Fußgänger durchgebrochen, an der östlichen Seite
des Tores, an Stelle einer ursprünglich blinden Nische und auf
Kosten der Treppe ins Stockwerk, die Treppe wurde neu geschaffen im
Nachbarhaus Latrán
Nr. 105. Im Jahre 1938 wurde der Turm des Tores beschädigt bei
einem örtlichen tschechisch-deutschen bewaffneten Zusammenstoß und
wurde darauffolgend im Jahre 1940 repariert. In den 60er Jahren
dieses Jahrhunderts wurde im Zusammenhang mit der Errichtung einer
Umgehungsstraße und einer neuen Straßenbrücke auf dem Špičák, ein
Durchgang für Fußgänger auch an der westlichen Seite des Tores
durchgebrochen. Im Jahre 1965 wurde das Tor statisch gesichert und
im Jahre 1966 wurden Malereien an der südlichen Stirnwand
entgedeckt und restauriert. Im Jahre 1996, bei der Reparierung der
Brücke, wurde ihre Verbreiterung an der östlichen Seite aufgehoben
und der angrenzende Durchgang im Tor zugemauert. Ein Jahr zuvor
wurde die Reparatur des äußeren Mantels des Bauwerkes durchgeführt,
an der nördlichen Stirnwand wurde eine Verputzschicht aus dem
Barock entgedeckt, die Malereien restauriert und teilweise auch die
bunte Lösung des gesamten Mantels erneuert. Bei einer
Orientierungsdurchforschung wurden Wandmalereiausschmückungen auch
in der Durchfahrt des Tores nachgewiesen.
Entwicklung der Fassade:
An der oberen Stirnwand des Tores wurde nach der Fundsituation der
rote Anstrich wiederholt. In der Zeit des Klassizismus nach der
Aufhebung der Fortifikationsfunktion des Tores mit einer Fallbrücke
wurde der Turm in Wohnräume umgebaut. Alle Stirnseiten wurden
wiederholt mit einem monochromatischen grünen Anstrich und
wahrscheinlich an der Wende des 19. und 20. Jahrhunderts mit einem
grauen Anstrich versehen. Im Jahr 1934 wurde an der Ostseite des
Tores in der Anknüpfung an die Erweiterung der Brücke ein Durchgang
durchgebrochen. Im Jahr 1938 beschädigte eine Artilleriegranate der
tschechoschlowakischen Streitkräfte das Dach des Tores, durch die
Durchfahrt eines Panzers wurden drei steinerne Bossen des
Südportals ausgebrochen. In den 60er jahren des 20. Jahrhunderts
erfolgte eine Instandsetzung des Mantels des Turmes mit einer
Bloßlegung und Restaurierung der Malereien an der Südstirnseite und
mit einem neuen Verputz der Nordstirnseite mit grober Oberfläche
ohne Anstrich. Neue Putzschichten mit einem beträchtlichen Anteil
an Zement verursachten leider eine Degradation von ausgedehnten
Flächen der historischen Putze. Die Gesamtinstandsetzung des Tores
in den Jahren 1994-95 korrigierte teilweise die falschen
technologischen Verfahren aus den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts,
an der Nordstirnseite wurde die Barockphase nach der Fundsituation
präsentiert.
Bedeutende architektonische Details:
- Beide Hauptstirnwände einschließlich sämtlicher architektonischer Glieder und Malereiausschmückung
- das Gewölbe der Durchfahrt
- eine intakte schwarze Küche im ersten Stockwerk
- eine hölzerne Sturzbodendecke über dem zweiten Stock
- der Dachstuhl
- die bisher ins Detail nicht bekannte Malereiausschmückung der Tordurchfahrt
Geschichte der Bewohner des Hauses:
Einst war hier die Wohnung des Gemeindepolizisten.
Legenden und
Überlieferungen:
Eine der bedeutendsten Denkwürdigkeiten der Renaissancearchitektur
in der Stadt und das einzige erhaltene Stadttor. Beachtenswert ist
das Konzept des "Doppelantlitzes" des Bauwerkes in den radikal
gelösten Stirnwänden in das städtische Interieur und Exterieur.
Ebenso beachtenswert ist die Lösung des äußeren Mantels in der
Kombination von einigen Techniken - die bunt aufgenommene verputzte
Bossage auf einem Skelett aus Ziegeln an der nördlichen Stirnwand,
die rot bearbeitete Sgraffitorustika, kombiniert mit lebendig
plastisch modellierter illusiver Eckbossage auf dem Turm und die
ebenso ausgeführte Eckbossage, kombiniert mit roter gemalter
Rustika an der südlichen Stirnwand, ergänzt durch ein weiteres
illusives architektonisches Dekor. Die verhältnismäßig radikalen
Herrichtungen in den 40er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts
zerstörten eine Reihe von Unterlagen dieses beachtenswert
durchgearbeiteten bildnerischen Konzeptes und selbst die letzte
Rekonstruktion in der Mitte der 90er Jahre respektierte nicht alle
diese Tatsachen.