Horní Nr. 151
Objektbeschreibung:
Ein einstöckiges Haus aufgebaut auf einer abfallenden Terrasse über
der Stadtmauer. Die breite vierachsige Straßenstirnseite mit einer
Stuckausschmückung, hergerichtet in die gegenwärtige Rokokogestalt
im dritten Viertel des 18. Jahrhunderts, ist mit zwei Giebelattiken
beendet, auf denen Terrakottavasen stehen und hinter denen sich
zwei Bodenkammern befinden. Das Satteldach mit dem First parallel
zu der Straßenlinie ist mit Schindeln gedeckt. Links im Erdgeschoß
ist in die Fassade eine Ladenauslage aus dem Ende der 20er Jahre
des 20. Jahrhunderts durchgebrochen. Von dem Nachbarhaus ist das
Haus auf der westlichen Seite mit einer engen Gasse getrennt. Der
Hofzubau ist im Interieur tonnengewölbt, mit Lünetten, gedeckt mit
einem Pultdach. Im Erdgeschoß befindet sich hinter dem steinernen
Satteleintrittsportal mit den Initialen IMIB und der Datierung 1676
eine mittlere Halle mit den Treppen in den Hof, in den Keller und
in das 1. Stockwerk. Die Räume im Erdgeschoß sind flach gedeckt mit
der Ausnahme des Raums bei der nordöstlichen Ecke des Hauses,
gewölbt mit einem ovalförmigen Gewölbe mit dreiseitigen Lünetten
mit Kämmchen. In der westlichen Hälfte des Hauses sind in dem
vorderen Ladenraum an der Decke die Reste von der
Schablonenausmalung aus dem 19. Jahrhundert erhalten, der hintere
Ladenraum hat eine erneuerte Rokoko-Stuckunteransicht an der
älteren Balkendecke mit dem Sturzboden. Die Keller sind im Grundriß
sehr gegliedert, tonnengewölbt oder teilweise auch sekundär mit den
böhmischen Kappengewölben versehen. Eine davon wurde seit der
Ausmauerung grob gelassen, die andere deckt den mittleren Raum, der
sich mit einem gewaltigen halbkreisförmigen Bogen in den Hof
öffnet. Die Räume im ersten Stockwerk sind flach gedeck, wobei die
Decke im nordwestlichen Raum mit einer Barockstuckatur geschmückt
ist und im nordöstlichen Raum sich eine hölzerne Balkendecke mit
dem Sturzboden befindet. In der Mitte der östlichen Hälfte der
Gestaltung wurde der Raum der ehemaligen schwarzen Küche mit der
Einwölbung des Eintrittshofes erhalten. Das Haus hat ein
Kehlbalkendach mit einem ziemlich großen Umfang von Dachsparren,
mit einem zusätzlich eingelegten stehenden Dachstuhl und weiteren
jüngeren neuzeitlichen versteifenden Herrichtungen. Bei der
Straßenstirnseite sind zwei Barockkammern mit hölzernen, innen
geputzten und gemalten Wänden eingebaut.
Bauhistorische Entwicklung:
Der Ursprung des Objektes ist mittelalterlich. Ein radikaler Umbau
verlief im 16. Jahrhundert, aus dem die Grundgestaltung stammt, das
Gewölbe des Raumes im Erdgeschoß und auch der Hofzubau. Die
spätbarocken, event. Rokoko-Herrichtungen wurden vor allem auf die
Straßenstirnseite und einige Deckenunteransichte im Erdgeschoß und
im 1. Stockwerk beschränkt. In diesen Zeitraum fällt auch die
Errichtung von unikaten Bodenkammern, die wahrscheinlich in den
älteren barocken Dachstuhl eingebaut wurden. Das 19. Jahrhundert
brachte ins Interieur eine Reihe von Schichten der
schablonenmäßigen Ausmalung. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden
die Treppen in das erste Stockwerk hergerichtet, einschließlich
einer künstlerisch sehr merkwürdigen schablonenmäßigen Ausmalung,
die bei der letzten Rekonstruktion des Hauses ganz vernichtet
wurde, und im Jahre 1929 wurde eine Ladenauslage errichtet.
Entwicklung der Fassade:
Die ältere mittelalterliche Gestalt des Objektes ist nicht bekannt,
die jüngere mittelalterliche Gestaltung der Stirnseite aus der 2.
Hälfte des 16. Jahrhunderts gehört mit ihrer bildkünstlerischen
Auffassung in die Zeit des Spätmittelalters. Gliederung der
Fassade: grob geglättete weißliche Putzschicht der Grundfläche in
der Kombination mit den geglätteten Flächen der Fensterrahmen,
Eckenlisenen, Wappenschilder mit Rosen, Kartusche mit der
Jahreszahl 1558, umrahmt mit einer roten Linie.
Noch im 16. Jahrhundert /wahrscheinlich vor 1591/ wurde die Stirnseite neu verputzt mit dem Entwurf des Sgraffito-Pyramidenbossenwerks. In der Barockzeit wurde in der Anknüpfung an die Veränderung der Orientierung des Daches das Hauptsims neu gemauert, die Straßenseite wurde in die heutige Masse gestaltet, die Farbengliederung nicht festgestellt. In der jüngeren Phase wahrscheinlich nach dem Jahr 1763 wurde die Stirnseite in die heutige Gestalt gebracht, d.h. 1. Stock durch Pilaster, die das Hauptgesims tragen, gegliedert, Fensteröffnungen mit Bandchambranen umrahmt, im oberen Teil mit Gitterchen mit Voluten, Fransen und einer Muschel geschmückt, unter den Fenstern Rocaille-Fensterbrüstungsfüllungen mit Palmettchen auf den Seiten.
Ähnlich wurden auch die Stirnen der Dachercker mit Volutengiebelaufsätzen über den Hauptsimsen geschmückt. Festgestellte Farbengliederung der spätbarocken Farbigkeit: rosa-weiß, rot-weiß, grau-ocker. Von den jüngeren Umgestaltungen der Fassade ist vor allem die Gestaltung der Ladenauslage im linken Teil des Objektes aus dem Jahr 1929 markant. Die Instandsetzung der Fassade erfolgte im Jahr 1995. Die Stirnseite mit einer außerordentlichen Fundsituation litt leider beträchtlich unter langjähriger Nichtinstandhaltung. Es wurde eine fast komplette Rekonstruktion der spätbarocken Gliederung durchgeführt, der Silikatanstrich ließ sich durch die historische spätbarocke Farbigkeit inspirieren.
Bedeutende architektonische Details:
-
die Stuckausschmückung der Straßenstirnseite, das Eintrittsportal, die Auslage aus dem Jahre 1929
-
die böhmischen Kappengewölbe im Keller, ein Teil davon nicht verputzt
-
die Rokoko-Stukkatur der Decke im hinteren Ladenraum im Erdgeschoß und eine darunter verdeckte ältere hölzerne Balkendecke mit dem Sturzboden
- das ovale Tonnengewölbe mit dreiseitigen Lünetten mit Kämmchen im Raum bei der nordöstlichen Ecke des Hauses
- die hölzerne Balkendecke mit einem Sturzboden im ersten Stockwerk, eine weitere mit der Stukkatur geschmückte Decke ebenda
- einige ursprüngliche Interieurtüren mit dem Beschlag, die Fenster mit dem Beschlag in der Hoffassade
- die schablonenmäßige Ausmalung im Interieur
- der barocke Dachstuhl
- die barocken Bodenkammern einschließlich der Ausmalung der Wände, der Türen, des Kleiderständers und der Fensterausfüllungen
Geschichte der
Hausbewohner:
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts gehörte das Haus einem gewißen Wolf
Navara. Im Jahre 1522 kaufte das Haus der Schuster Simandl
(Zikmund), der im Jahre 1543 starb. In dieser Zeit wurde das Haus
schon mit der Brauberechtigung ausgestattet, so daß man hier das
Bier kochte. Im Haus blieb die Witwe Markéta mit den Söhnen Václav
und Jiří Fridrich, da ihr ältester Sohn Petr damals schon ein
selbstständiger Schuster war. Im Jahre 1551 raufte Simandls Sohn
Václav vor dem Rathaus mit dem Rosenberger Beamten Vojtěch
Hultzšporer aus Nové Hrady, der ihn in der Rauferei umbrachte und
die ganze Angelegenheit kam vor den neuernannten Herrscher Wilhelm von
Rosenberg. Der Herrscher äußerte seinem Diener gegenüber eine
Nachsicht mit der Erklärung, daß er jung und bisher unbeschollen
ist. Nach seiner Entscheidung mußte Hultzšporer der Mutter und dem
Bruder des ermordeten Václav 75 Schock Meißner Groschen geben und
die sollten die Summe nach ihrer Überlegung unter die armen Leute
verteilen. Für die Seele des Ermordeten sollten sie dreißig Messen
lesen lassen. Der letzte Sohn von Markéta Simandlová Jan Fridrich
wurde bald selbstständig und die verlassene Mutter verkaufte das
Haus an den Schuster Pavel Mareš. Der lebte hier bis zur Mitte der
80er Jahre des 16. Jahrhunderts. Im Jahre 1586 verkauften die
Vormünder von den Waisen nach dem Schuster Pavel das Haus an den
Wagner Mates Satt. Nach dem Jahre 1590 zog ins Haus der Fleischer
Martin Tancl ein, der vorher im Haus neben Horní Tor (Obertor)
lebte, das er im Jahre 1590 für die Bedürfnisse des Jesuitenkollegs
(Horní Nr. 153) abtrat. Im Jahre 1607 gehörte das Haus dem Schuster
Jakob Steauf und seiner Gattin Apolena, nach denen im Jahre 1612
Gregor und Apolena Tänzl kommen. In ihrem Testament, ungefähr aus
dem Jahre 1638, bestimmte Apolena an diesem Haus ewige Zinsen in
der Höhe von 100 rheinischen Gulden, von denen jährlich eine
Seelenmesse für die Familie Tänzl bezahlt werden sollte. Der
weitere Hausbesitzer war Lukáš Frey aus Tábor, der es im Jahre 1641
seinem Schwager - dem Fleischer Eliáš Preybisch - verkaufte. In den
Jahren 1649 - 1652 wurde es den Zöglingen des Jesuitenseminars für
die Zeit dessen Umbaus ausbedungen. Im Jahre 1654 verkaufte es der
Stadtrat wieder an Eliáš Preybisch für 500 Schock Meißner Groschen.
Seit dem Jahre 1676 hatte das Haus der wirtschaftliche
Stadtschreiber Bernhard Schober im Besitz. Von den weiteren
Besitzern können wir wenigstens den Direktor des Krumauer
Erzdekansguts Ferdinand Tomschi erwähnen, der das Haus im Jahre
1763 für seinen Sohn Modest kaufte, oder den Stadtratsherr Johann
Chrin, dem das Haus bis zum Jahre 1823 gehörte. Im Jahre 1868
wurden die erdgeschossigen Räume auf zwei Laden adaptiert. In den
neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde im Erdgeschoß ein
Restaurant aufgebaut und das obere Stockwerk dient für die
Wohnzwecke.
Gegenwärtige Nutzung:
Im Erdgeschoß das Restaurant
"U písaře Jana",
im ersten Stockwerk eine Wohnung
Bedeutendes historisches Foto,
Ikonografie:
Vedutte auf dem Hintergrund des Portraits des Johann von Pernstein
aus dem Jahre 1591 (Středočeská galerie, Schloß Nelahozeves).