Neustädter Garten unter der Regierung der Rosenberger
Chronologische Übersicht der Quellen über die Entwicklung des Gartens:
- 1546 - Wahrscheinlicher Anfang des Baus des Neustädter
Gartens
- 1594 - Von Peter Wok begonnene Umgestaltungen des Herrenhauses
und Gartens
- 1597 - "Im Garten in der Neustadt die Mauer zum Vogelhaus und im Gebäude Drahtgitter gemacht, auch Pawlatsche an den Wänden des Grafenhauses, um über das Vogelhaus gehen zu können und die Vögel nicht nur gehört, sondern auch gesehen werden zu können. als auch, als es beendet wurde, ein wonniges Freudenfest und unterschiedlichen lauten Gesang von ihnen erstaunlicherweise gehört.
- 1597 - "Die Bürger ließen also die vom Wasser unterwaschene und
niedergerissene Mauer wieder aufbauen..."
- 1600 - "Item bei demselben (Herren-) Haus ein lieblicher
Garten, in dem verschiedene Bäume sowohl welsche Pomeranzen-,
Zitronen-, Feigen- als auch andere verschiedene Obstbäume und
verschiedene Gewürze ausgesetzt sind. Item in demselben Garten drei
Fischbehälter, in die Quellenwasser geführt wird, in denen Forellen
sowie andere verschiedene Fische gehalten werden. Item inmitten des
Gartens eine Zisterne aus gehauenem Stein gebaut. Item bei
demselben Garten ist ein zweites neu gebautes Haus und in ihm
einige schöne Keller und Zimmer zum Wohnen des Gärtners (Nr. 26).
Item bei demselben Haus zwei Lusthäuser auch neu
gebaut."
- 1602 - am 25. August 1602 wurde ein Inventar der Bäume und
Blumen, die im Garten gezüchtet wurden, aufgenommen. Das Inventar
ist eine detaillierte Beschreibung des Gartens in dem Zustand, in
dem er sich unter der Regierung der letzten Rosenberger, aber vor
allem unter der Regierung Peter Woks befand, der Gärten
liebte.
Außer dem Artenverzeichnis bietet das Inventar Angaben über die innere Gestaltung der Fläche des Gartens in fünf Abteilungen ("Umzäunungen") und ein Treibhaus, das hier unter dem Namen "Pomeranzenhütte" erwähnt wurde. Ihre ausführliche Beschreibung ist eine unikate historische Quelle, die unter anderem auch von der Aufmerksamkeit zeugt, die dem Garten seitens der letzten Rosenbergern gewidmet wurde. Die Liste der gezüchteten Arten ist außerordentlich reich.
Im Treibhaus wurden die bereits oben angeführten Orangen-, Zitronenbäume, Fikusse, Marillenbäume, weiter Lorbeere, Quittenbäume, Zypressen, Rosen und weitere Pflanzen gezüchtet. In der vorderen Umzäunung, die mit Buchsbaumhecken eingesäumt wurde, wuchsen Mispel-, Kirschbäume, ein Pfirsichbaum, Pflaumenbäume. Von den Sträuchern wurde hier Schneeball gezüchtet, Heilpflanzen wie Melisse, Salbei, Minze, Fingerhut und Lavendel. Von den Blumen befanden sich hier Veilchen, Pfingstrosen, Tausendschöne, Narzisse, Maiglöckchen, Löwenmäuler, Lilien, Nelken, Feldrittersporn, Kaiserkrone, Akelei. Auch die zweite Umzäunung wurde mit einem ähnlichen Gemisch von Obstbäumen und Blumen bepflanzt. Die dritte Umzäunung bildete ein Labyrinth. Es wuchsen hier Mirabellen, Aprikosen-, Pflaumen-, Kirsch-, Sauerkirschbäume. Von den Ziergewächsen waren es Rosen, Jungferpalme. Von den aromatischen Pflanzen wurden hier Lavendel und Schafgarbe. Es wurde hier auch Gemüse angebaut - Wirsing und Petersilie. Der Zaun und vielleicht auch die Wände des Labyrinths wurden aus Buchsbaum ausgesetzt. In der zweiten Umzäunung mit einer Einsäumung aus Buchsbaum wurden Pflaumen-,-Kirsch- und Sauerkirschbäume, Blumen, Heilpflanzen (z. B. Majoran und Kalmus) sowie einige Gemüsearten wie z. B. Gurke, Wirsing und Rüben angebaut. Es folgte das sog. Vogelhaus, in dem Haselhühner, Turteltauben, Amseln, Krammetsvögel und viele weitere Vögel gezüchtet wurden. Um die Voliere herum wuchsen Rosen, Johanisbeersträucher, Kohle und Erdbeeren. In der Nähe befand sich ein Brunnen, in dem Forellen gehalten wurden. Die fünfte Umzäunung, der sog. Küchengarten, diente zum Anbau von Gemüse: z. B. Artischocken, Gurken, Wirsing, Erdbeeren, Pastinak, Spargel, Salbei, Erbsen, rote Rüben, Rettich, Wegwarte, Spinat und Blumenkohl. Auch hier wurden Obstbäume ausgesetzt - Kirsch-, Sauerkirsch-, Pflaumenbäume.
Urbanistische Entwicklung der Lokalität:
Die flache Aue des Flusses Vltava, die von Überschwemmungen bedroht
wurde, wurde bereits seit der Urzeit für zeitweilige Siedlungen
genutzt - siehe z. B. Funde eines slawischen halbversenktes Haus
aus dem 8. Jahrhunder (
Archäologische Untersuchungen im Brauereigarten) . Das Gebiet,
auf dem schließlich im 16. Jahrhundert der Neustädter Garten
entstand, war offenbar bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts kein
Bestandteil der unter der Burg gelegenen und mit einer Stadtmauer
umgebenen Besiedlung von Latrán. Eine Veränderung der
urbanistischen Situation brachte erst die ausgedehnte Stiftung der
Klöster der Klarissinnen und Minorite (
Latrán Nr. 50). Bis heute ist im Grundriss von Latrán der
Kontrast zwischen der "organisch" gewachsenen Besiedlung des
Gebietes unter der Burg, die entlang einer einzigen in Bögen
geführten Kommunikationsachse konzentriert wurde, und dem
einschlägig gegründeten Areal der Klöster, das sich mit der
Durchsetzung der klassischen Prinzipien der Gestaltung des
Komplexes der Klostergebäude auszeichnet. Die Neustadt entstand
zwischen den Jahren 1347 bis 1374, der Name selbst kommt erst in
der Mitte des 15. Jahrhunderts vor. Die Entwicklung der Neustadt
wurde von Anfang an von den früher gegründeten klosterarealen
beeinflusst - Häuser und Straßen entstanden auf ihrem Umfang und
die Bebauung war nicht so kompakt wie im benachbarten Latrán. An
der Stelle des späteren Neustädter Gartens können wir auch mit
zerstreuten Anwesen, mit der Existenz der Gärten, Fischbehälter
rechnen. Auf dem Gebiet der heutigen Brauerei stand ursprünglich
eine Reihe von Häusern und Häuschen. Bereits im Jahre 1462 kauften
hier die Rosenberger einen Hof mit einem Garten, der zum Grund des
späteren sog. Herrenhauses wurde (
Latrán Nr. 27 ) Der wurde in den Jahren 1546 - 1559 erweitert
und in einen prachtvollen Witwensitz Annas von Roggendorf mit einem
Garten umgebaut. Der Garten bekam durch den allmählichen Ankauf von
bürgerlichen Grundstücken das heutige Ausmaß, nichtsdestoweniger
über seine Gestalt zu Lebzeiten der Frau Anna (sie starb 1562) gibt
es keine klaren Berichte. Zur Blüte des Neustädter Gartens kommt es
erst unter der Regierung ihrer Söhne - Wilhelm
von Rosenberg und vor allem Peter
Wok von Rosenberg, der in der Mitte der 90er Jahre des 16.
Jahrhunderts zu einer bedeutenden Umgestaltung des Neustädter
Gartens schritt.
Bauhistorische Entwicklung des Neustädter Gartens unter
der Regierung der Rosenberger:
Über die älteste Phase
der Entwicklung des Gartens, die mit dem Aufenthalt Annas von
Roggendorf im benachbarten Herrenhaus verbunden war, haben wir
keine näheren Berichte. Der Garten hatte in dieser Zeit
wahrscheinlich einen spätmittelalterlichen Charakter eines
Stadtgartens, wo sich die Nutzflächen mit Zierpflanzen frei
vermischten. Unter der Regierung Wilhelms von Rosenberg und vor
allem Peter Woks ändert der Garten in einen sehr wertvollen
Renaissancegarten. Der Ausstattung des Gartens in der Neustadt
wurde offenbar eine größere Aufmerksamkeit gewidmet als den Gärten
über dem Schloss und dem Garten auf der Insel im Schlossteich. Zur
Unterscheidung von diesen Gärten wurde für ihn die Bezeichnung "der
untere Garten in der Neustadt" benutzt. Der Garten wurde mit dem
Schloss durch ein System von überdachten Gängen verbunden, sodass
er für die Schlossherrschaft leicht erreichbar war. Die nach dem
Jahre 1594 von Peter Wok begonnenen Umgestaltungen des Herrenhauses
und des Gartens bringen nach Český Krumlov den Geist des
Manierismus. Die Autorschaft des Konzeptes der Umgestaltungen ist
nicht bekannt. Eine Inspirationsquelle konnten der zeitgenössische
kaiserliche Garten in Brandýs nad Labem oder das Königliche Gehege
im Prager Bubeneč. Man kann schließen, dass sich an den Arbeiten im
Garten Domenico
Benedetto Cometa, beteiligte, der in dieser Zeit für Peter Wok
in Český Krumlov arbeitete. Im Jahre 1600 wird die zweitälteste
Orangerie in Böhmen und in Mitteleuropa erwähnt. Der Neustädter
Garten ragte am Ende des 16. Jahrhunderts mit der Menge der
angebauten Pflanzenarten (einschließlich der exotischen) hervor.
Die Orangerie im unteren Garten war die zweitälteste Orangerie in
Böhmen. Diese Tatsache illustriert das Interesse der Rosenberger
für Gärten und allgemein für Naturwissenschaften. Die wertvollste
Quelle für die Erkenntnis der Gestalt des sog. unteren Gartens in
der rosenbergischen Epoche seiner Geschichte ist das Inventar
dieses Gartens, das im Jahre 1602 aufgenommen wurde. Das
Verzeichnis wurde zwar bereits in der Zeit aufgenommen, als der
Garten gemeinsam mit der ganzen Herrschaft im Besitz des böhmischen
Königs (und Kaisers) Rudolf II. war, nichtsdestoweniger belegt es
die Gestalt des rosenbergischen Gartens - in einem Jahr der
kaiserlichen Verwaltung wurde im Garten nichts Wesentliches getan.
Das Inventar des "unteren Gartens in der Neustadt", das im Jahre
1602 aufgenommen wurde, bringt uns den rosenbergischen Garten in
der wertvollsten Phase seiner Entwicklung näher, in der Zeit, als
sich in der Architektur der Gärten schon der Geist der
Spätrenaissance, des Manierismus durchsetzt. Vom Inventar ergibt
sich, dass der Neustädter Garten die Elemente enthielt, die für die
Renaissancegärten typisch waren, wie die Abgrenzung der Disposition
mit einer Umfassungsmauer, die Gliederung in regelmäßige, mit
Buchsbaumhecken eingesäumte Abteilungen waren. Es befanden sich
hier ein Labyrinth, Voliere und eine steinerne Zisterne. Das
Treibhaus (das sog. Feigenhaus oder auch Orangerie) und weitere
Gartenbauten waren an der nördlichen Mauer des Gartens situiert.
Das Inventar führt ebenfalls ausdrücklich ein einfaches
Betriebsschema des Gartens an. In Richtung vom Herrenhaus wurden
nach und nach hintereinander die vordere Umzäunung, die zweite
Umzäunung, das Labyrinth, die vierte Umzäunung, das Vogelhaus mit
einem Wasserbehälter und der Küchengarten gereiht. Die
unregelmäßige Form des Grundstücks komplizierte den Bau eines
streng geometrischen axial gebundenen Systems von Wegen und
verursachte formale Mängel in der Komposition des Neustädter
Gartens. Pläne des Gartens aus der späteren Zeit (18. Jahrhundert)
belegen immer noch eine grobe Disposition der Flächen, die
Unterbringung einiger Gartenbauten der alten Gründung.
Der Plan des Gartens aus dem Jahre 1764 erfasste die geometrische Disposition des damaligen Küchengartens, die der Beschreibung des Gartens im Inventar aus dem Jahre 1602 entspricht. Die oben erwähnte erste, zweite, dritte und vierte "Umzäunung" entsprechen offenbar den vier Bosketten, die der Plan aus dem Jahre 1764 vor dem Herrenhaus anführt:
- die erste Umzäunung wäre in der Ansicht vom Herrenhaus aus auf
der Fläche des vorderen nördlichen Bosketts, in dessen
Nachbarschaft sich noch am Ende des 18. Jahrhunderts die schmale
Fläche der nicht überdachten Orangerie befand
- die zweite Umzäunung befand sich wahrscheinlich auf der Fläche
des vorderen südlichen Bosketts
- die dritte Umzäunung (Labyrinth) läge hinter der ersten
Umzäunung an der nördlichen Mauer des Gartens
- die vierte Umzäunung beafand sich wahrscheinlich auf der Fläche des hinteren südlichen Bosketts. Das hinter der vierten Umzäunung angeführte Vogelhaus befand sich wahrscheinlich an der Kreuzung der Hauptachse des Gartens und der Querachse, die senkrecht zu ihr hinter der dritten und vierten Umzäunung führte - an dieser Stelle brach die Hauptachse wie in einem "Gelenk".
Von den archivalischen Angaben lässt sich schwer mit Sicherheit bestimmen, ob der Küchengarten bis zur westlichen Mauer des Neustädter Gartens reichte oder ob der rosenbergische Herrengarten auf dem Niveau des Hauses des Hofgärtners ( Latrán Nr. 26 Nové Město(Neustadt)) endete.
Die bunte Artenzusammensetzung der "Umzäunungen" im Neustädter Garten - ein Gemisch von Obstbäumen Sträuchern, Heilpflanzen und Zierblumen - verrät noch Nachklänge der mittelalterlichen Auffassung der Gärten. Vom Komplex der Renaissancetypen der Gartenräume lässt sich der Neustädter Garten am ehesten als "giardino de semplici", Garten mit gemischten Nutz- sowie Ziercharakter bezeichnen. Er war am häufigsten durch ein rechteckiges System der Wege in quadratische Beete geteilt, die mit einem niedrigen Zaun aus Buchsbaum eingesäumt wurden. Die Beete selbst wurden mit Blumen und Zierholzgewächsen bepflanzt, die Quadrate wurden mit Gartenhäusern ergänzt.
Bei der Analyse der Kompositionsstruktur des Neustädter Gartens und der Archivquellen über seine Gestalt stellen wir fest, dass im Garten offenbar das grundlegende Element der Renaissancegärten - Parterre fehlte, wenigstens in seiner elemantaren reinen Form. Das Parterre breitete sich gewöhnlich unter den Fenstern der Gartenstirnseite des Palastbautes aus. Es wurde von quadratischen Feldern gleicher Größe gebildet, die mit Buchsbaumhecken umrahmt und mit Wegen einheitlicher Breite getrennt wurden. Die innere Fläche der einzelnen Felder wurde mit einem symmetrisch komponierten Ornament aus niedrig geschnittenen Buchsbaumhecken gefüllt. Weniger oft wurden die quadratischen Felder aus Beeten geometrischer Formen komponiert, die mit aromatischen und Heilpflanzen, Gemüse und Blumen bepflanzt wurden. Für die Beete des 16. Jahrhunderts ist die Beschränkung der Elemente typisch und auffällig, die zur Bildung des inneren Dekors der Beete in Strefein und Bände benutzt wurden. Die in dieser Zeit in der Architektur geläufige Motive der Arabesken und Groteske setzten sich in der Gestalt der Beete nicht durch. Das Labyrinth im Neustädter Garten wurde wahrscheinlich mit Buchsbaumhecken bepflanzt. Im Inventar werden aber auch Obstbäume, Sträucher, Heilpflanzen und sogar Gemüse angeführt. Wieder handelte es sich offenbar um keinen reinen Typ des Labyrinhts, sondern eher um eine im (vom Gesichtspunkt des Niveaus der Gartengestaltung aus) gewissermaßen provinziellen Niveau entstandene Variation. Der Krumauer Neustädter Garten erreichte zwar nicht die formale und vor allem kompositionelle Feinheit des Prager Königlichen Gartens, trotzdem kann er für einen der wertvollsten städtischen Palastgärten seiner Zeit in den böhmischen Ländern gehalten werden.
Weitere Informationen:
Neustädter Garten im 17. Jahrhundert
Neustädter Garten im 18. und 19. Jahrhundert
Neustädter Garten - Bauobjekte und Vegetation