Kirche St. Jobst in der Stadt Český Krumlov
Lokalisierung
Latrán Nr. 6, die ehemalige Kirche St. Jobst
Beschreibung des Objektes
Ein zweistöckiges Gebäude der ehemaligen Kirche St. Jobst mit einem
steilen, mit Preisen bedeckten Satteldach und einem fünfstöckigen
Turm, der mit einer Kuppel mit Laterne versehen ist. An der
Giebelseite, die in die Straße Latrán gerichtet ist, treten aus dem
Verputz Renaissancestützen aus Granit heraus. Über einem der
Eingänge befindet sich eine leere Nische, in der früher eine
Madonnenstatue aus dem Jahre 1678 stand.
Bauhistorische Entwicklung
An dieser Stelle stand ursprünglich eine kleine, vor 1334 von
Peter
I. von Rosenberg gegründete Kapelle oder Kirche, die ein
Bestandteil des Rosenbergischen Herrenspitals (Latrán
Nr. 13) war. An dieses Gebäude erinnern die bis heute
erhaltengebliebenen gotischen Konstruktionen und Details
(Westgiebelseite der Kirche, der First der ursprünglichen
Giebelseite, der im Dachbodenraum des benachbarten Hauses Latrán
Nr. 2 erhalten ist, das westliche, vom angrenzenden Gang desselben
Hauses erkennbare Spitzportal). Nach 1546 kam die Kirche
wahrscheinlich unter das Patronat von Anna von
Rosenberg, geb. von Rogendorf, und Wilhelm von Rosenberg, Annas
Sohn, gab die Kirche einschließlich der Rente dem Spital nach Annas
Tod 1562 nicht mehr zurück. 1596 nahm Peter Wok von
Rosenberg eine Renaissanceumgestaltung der Kirche unter der
Leitung des Architekten Domenico
Benedetto Cometta z Eckthurnu vor. Diese Umgestaltung wandelte
die Kirche wesentlich um. Sie hatte die Gestalt eines asymetrischen
Doppelschiffes mit einer Empore über dem schmäleren Südschiff. 1598
wurde die Kirche, der Heiligen Dreifaltigkeit neu geweiht, den
Krumauer Protestanten gegeben. Als Folge der zunehmenden deutschen
nichtkatholischen Bevölkerung wurden hier die Predigten bereits vor
der Mitte des 16. Jahrhunderts auf deutsch gehalten. Die Kirche
wurde jedoch auch von den Mitgliedern der Brüdergemeinde benutzt,
deren großer Anhänger auch Peter Wok von Rosenberg war. Seit
November 1598 hielt hier der evangelische Priester Andreas
Bausidius seine Predigten, was das große Mißfallen des Prager
Erzbischofs erregte, weshalb Baudisius schon 1599 abgerufen wurde.
Ein Jahr später verbot Kaiser Rudolf II. von Habsburg die Benutzung
der Kirche durch Nichtkatholiken. Als Katharina von Ludanice, die
Gattin Peter Woks von Rosenberg, die lutheranischen Bekenntnisses
war starb, wurden ihre sterblichen Überreste gerade in dieser
Kirche bestattet, bevor sie in die Rosenbergische Familiengruft im
Kloster Vyšší Brod (Hohenfurt) übergeführt wurden.
Nach dem Weggang des letzten Rosenbergers von Český Krumlov nach Třeboň wurde die Kirche den Jesuiten für deutsche Predigten 1602 übergeben. Im Jahre 1615 (1621?) wurde die Kirche erneut dem Hl. Jobst und der Hl. Agnes als "Deutsche Kirche" geweiht. Bis zum Zeitpunkt der Aufhebung ihres Ordens, 1773, wurde die Verwaltung der Kirche von den Jesuiten geführt, dann auf das Prälatpfarramt übertragen. In der Zeit der Josephinischen Reformen wurde die Kirche 1787 aufgehoben und geschlossen. Die gesamte Kircheneinrichtung wurde anderen Kirchen im Krumauer Gebiet zur Verfügung gestellt. Auf diese Weise verschwanden von dort auch die Glocken aus dem Ende des 16. Jahrhunderts, eine wurde nach Hodňov und die andere nach Slavkov gebracht. Die Glocke in Hodňov war ein Werk des Glockengießers Brikcí z Cinperka und entstand im Jahre 1590 in Kratochvíle, wahrscheinlich auf Bestellung Wilhelms von Rosenberg, dessen Wappen darauf zu finden ist. Die andere nach Slavkov überführte Glocke stammte vielleicht auch aus der Werkstätte von Brikcí z Cinperka und wurde in demselben Jahr gegossen. Leider fiel sie einem großen Feuer im Jahre 1817 zum Opfer.
1790 verkaufte der Krumauer Stadtrat das Objekt dem Bürger Kašpar Koutný in einer Auktion für 1245 Gulden. Der Turm ging in den Besitz der Gemeinde über. Koutný verkaufte das Objekt umgehend zwei Gesellschaftern, dem Geschäftsmann Klement Pöschl und dem Hutmacher Karel Neumüller, die es in ein Bürgerhaus mit Braurecht umbauten. Bei einem in den Jahren 1790 - 1791 vorgenommenen Umbau, dem eine Umgestaltung der Giebelseite und des Turmgipfels 1765 voranging, wurde das Presbyterium niedergerissen und an seiner Stelle wurde ein Trakt des Eintrittsganges errichtet. Es wurden Keller neu ausgegraben und das Niveau des Erdgeschosses erhöht. 1802 gewann das ganze Objekt Karel Neumüller und dieser baute es in ein Kasino mit Ausschank und einem Tanzsaal im Obergeschoß um. Damals wurde auch ein Terrassenanbau an der flußzugewandten Seite gebaut. Nach 1900 wurde das ganze Objekt ausschließlich als Wohnhaus genutzt. Um 1920 errichtete hier die Firma Baťa eine Verkaufsstelle und 1938 wurde an der flußzugewandten Seite ein Lagerraum für das Geschäft mit Rädern und Motorrädern erbaut. 1937 wurde die nördliche, in die Straße gerichtete Giebelseite umgestaltet.
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Trotz all dieser Umbauten haben sich einige Elemente der ursprünglichen gotischen Kirche erhalten. Neben der bereits erwähnten gotischen Giebelseite, dem Spitzportal und dem Giebel sind im Erdgeschoß am Fluß noch ursprüngliche Kammgewölbe im Raum unter der Empore zu finden und im zweiten, ursprünglichen Stock sind die Originalgewölbe mit Stuckrippen erhalten geblieben. Im Keller sind die ursprünglichen Pfeilersockel erkennbar.
Entwicklung der Südfassade des Schiffes und
Turmes:
Aus der mittelalterlichen Phase wurden keine Funde erfasst. Durch
einen radikalen Umbau in der Renaissancezeit wurde das Objekt in
ein assymetrisches Zweischiff verwandelt, neu gebaut wurde der
vierstöckige Turm. Die Südstirnseite gliederten zwei Reihen von
Fenstern übereinander mit einer Umrahmung durch Passepartouts. Die
unteren Fenster hatten steinerne Laibungen mit einer Mittelsäule,
die jede Öffnung in zwei Teile mit einem Spitzenabschluss
teilte.
Die oberen Öffnungen ohne Steinmetzelemente wurden mit einem Ziegelsegmentbogen abgeschlossen. Die Flächen der Putze mit groberer Oberfläche wurden mit der Kante der Kelle geglättet, der Farbanstrich wurde nicht festgestellt, an einigen Stellen wurden Fragmente von Ocker und roter Schattierung gefunden. In der Barockzeit, wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Umbau des benachbarten Spitalhofes in den Jahren 1708 - 9 wurde die Kirche neu verputzt und mit einem ganzflächigen grauen ? Anstrich versehen. In der Spätbarockzeit /im Jahr 1756/ wurde der 5. Stock des Turmes mit einem Zierabschluss der Pilaster durch Kompositkapitelle und Stuckmaskarone zugebaut.
Der Turm als dominantes Panoramaelement des Spitalareals wurde durch den grau-weißen Entwurf gegliedert, die Südstirnseite des Schiffes blieb im ganzflächigen Anstrich ohne tektonische Gliederung. Nach der Aufhebung der Kirche im Jahr 1787 wurde das Objekt in Wohnungen umgebaut, die Südstirnseite wurde neu umgestaltet durch einen ebenedrigen Zubau, Pawlatschen, in ausgedehnte Kirchenfensteröffnungen wurde ein Paar Zwillingsfenster eingebaut. Das Satteldach mit dem Renaissancedachstuhl durchbrachen zwei mächtige Schornsteine. Die Südwand des Schiffes wurde neu verputzt mit nach und nach realisierten ganzflächigen Anstrichen, ockerfarbenem, grauem, grünem.
Der Turm wurde wahrscheinlich ohne Umgestaltungen belassen. In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die oberen Paare der Fensteröffnungen der Südwand des Schiffes in größere Öffnungen mit Segmentbogen vereinigt. Im Jahr 1924 wurde eine gesamte Instandsetzung der Stirnseite mit einem grau-weißen tektonischen Entwurf durchgeführt. Die Instandsetzung der Fassaden in den Jahren 1998 - 99 inspirierte sich durch die Vorkriegsinstandsetzung, der grau-weiße Entwurf wurde mit einem ockerfarbenen und roten Anstrich der kleinen Details des oberen Teil des Turmes. Die Stirnseite des Turmes mit der Inspiration durch vorhergehende Farbenentwürfe wurde mit einem Silikatanstrich, das Schiff mit einem Kalkanstrich versehen.
Gegenwärtige
Nutzung
Konfektion Otavan, Bolero
Restaurant, RDH Ladislav Homolka, Dobrá Čajovna, Alfatex móda s
r.o., Marionettenmuseum
(mko)